Ausland

Frankreich über mögliche Bevorzugung der USA bei Sanofi-Impfstoff empört

  • Donnerstag, 14. Mai 2020
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Paris – Im Wettlauf um einen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 wird der Ton aggressiver. Frankreich reagierte heute empört auf Ankündigungen von Sa­nofi, zunächst den US-Markt mit einem möglichen Impfstoff zu beliefern, weil die US-Re­gierung ein Forschungsprojekt finanziell unterstütze.

„Es wäre für uns inakzeptabel, wenn das ein oder andere Land unter einem finanziellen Vorwand einen privilegierten Zugang hätte“, kritisierte die französische Wirtschafts- und Finanzstaatsekretärin Agnès Pannier-Runacher im Sender Sud Radio. Sanofi-Generaldi­rektor Paul Hudson hatte zuvor gesagt, Sanofi werde „als erstes“ die USA beliefern, da diese bei der Forschung „das Risiko teilen“.

Die US-Regierung habe „das Recht auf die größten Vorbestellungen“, weil diese „inves­tiert haben, um ihre Bevölkerung zu schützen“, sagte der Brite Hudson der Finanznach­richtenagentur Bloomberg. Dieser Vorsprung könne mehrere Tage oder Wochen betragen.

Bei der Suche nach einem Impfstoff arbeitet der französische Konzern Sanofi seit April mit dem britischen Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline zusammen. Tests haben bis­lang aber noch nicht begonnen, und ein erfolgreiches Mittel gegen das Virus dürfte früh­estens Ende des nächsten Jahres verfügbar sein. Ihr Projekt wird teilweise von der US-Behörde für biomedizinische Forschung und Entwicklung (Barda) unterstützt.

Gestern teilte Sanofi mit, dass „die Produktion auf US-Boden vorwiegend für die Vereinig­ten Staaten bestimmt“ sei „und der Rest der Produktionskapazitäten Europa, Frankreich und dem Rest der Welt zugeteilt“ werde. Das Unternehmen verpflichtete sich zudem dazu, den möglichen Impfstoff „für jeden zugänglich“ zu machen.

Der Präsident von Sanofi Frankreich, Olivier Bogillot, sagte heute, theoretisch sei es das „Ziel, dass die USA, Frankreich und Europa den Impfstoff zur gleichen Zeit“ bekämen. Dies sei möglich, wenn die Europäische Union „genauso schnell wie die Amerikaner“ sei, sagte Bogillot dem Fernsehsender BFMTV. Die US-Regierung habe zugesagt, „mehrere hundert Millionen Euro“ auszugeben.

„Die EU muss genauso effizient sein und uns dabei helfen, diesen Impfstoff sehr schnell zur Verfügung zu stellen.“ Es gebe bereits Verhandlungen mit europäischen Behörden sowie mit Ländern wie Deutschland und Frankreich. Hudsons Äußerungen lösten in Frankreich vor allem deshalb Empörung aus, weil Sanofi in den vergangenen Jahren Forschungskredite in zweistelliger Millionenhöhe vom französischen Staat erhalten hatte.

Weltweit wird mit Hochdruck an einem Impfstoff gegen das Coronavirus geforscht. Mitte März war bekannt geworden, dass US-Präsident Donald Trump versucht haben soll, sich exklusiv einen Coronaimpfstoff zu sichern, an dem das Tübinger Biotechunternehmen CureVac derzeit arbeitet. Angeblich wurde der Firma ein hoher Betrag geboten, um in die USA zu kommen.

Die EU hatte Anfang Mai bei einer internationalen Geberkonferenz 7,4 Milliarden Euro für den Kampf gegen das neuartige Coronavirus und die Entwicklung eines Impfstoffs einge­sammelt. Die USA beteiligten sich nicht, sondern bekräftigten ihre Absicht, lieber im Alleingang einen Impfstoff zu entwickeln.

afp

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