Goldgräberstadt gilt als Epizentrum der Mpox-Epidemie in Afrika

Kamituga – Bei Einbruch der Nacht strömen Goldgräber, Straßenhändler und Prostituierte in die Bars von Kamituga im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Das rege Nachtleben der Stadt mit ihren zahlreichen Goldminen gilt als Epizentrum der Mpox-Epidemie in dem zentralafrikanischen Land.
„Das Leben in Kamituga verleitet die Menschen zur Sünde“, sagte der Goldgräber Bitama Sebuhuni, der sich nach eigenen Angaben bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit dem Mpox-Virus angesteckt hat und nun kurz vor dem Start der Impfkampagne im Krankenhaus liegt.
Offiziell leben in Kamituga etwa 300.000 Menschen – Schätzungen zufolge sind es doppelt so viele. Neben Gebäuden aus der Kolonialzeit bestimmen Läden für Goldankauf und Bergbauausrüstung sowie Bars für die Bergleute das Stadtbild.
Die Goldminen der Stadt, die bis in die 1990er-Jahre von belgischen Unternehmen betrieben und dann offiziell aufgegeben wurden, ziehen bis heute Goldgräber an, die das Edelmetall nun auf eigene Faust fördern.
Nach Einschätzung der kongolesischen Gesundheitsbehörde war Kamituga der Ausgangspunkt der Mpox-Epidemie, die sich seit Monaten im Kongo und seinen Nachbarländern ausbreitet.
Das Virus wird durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. In den vielen Bars und Nachtclubs der Stadt, in denen die Bergleute jeden Abend dicht gedrängt feiern, trinken und Prostituierte treffen, ist das Infektionsrisiko also hoch.
Sebuhuni hat sich nach eigenen Angaben bei einer Prostituierten angesteckt. Er wird nun auf der Mpox-Isolierstation im Krankenhaus von Kamituga behandelt, einer Oase der Ruhe in der quirligen Stadt.
Etwa „20 unserer Patienten haben sich über den sexuellen Übertragungsweg infiziert“, sagte der Arzt Dally Muamba Kambaji. Kondome könnten das Infektionsrisiko zwar verringern, eine Übertragung aber nicht vollständig verhindern.
Die Ärzte im Krankenhaus von Kamituga haben seit September 2023 mit Mpox-Fällen zu tun. „Beim Manager eines Nachtclubs fielen uns ungewöhnliche Hautläsionen auf“, erinnert sich der Arzt James Wakilonga Zanguilwa. „Als wir bemerkten, dass bei bestimmten leichten Mädchen aus demselben Nachtclub ähnliche Läsionen auftraten, schlugen wir Alarm.“
Der Nachtclub „Mambengeti“ wurde geschlossen, in Kamituga wird sein Name immer noch als Synonym für Mpox verwendet. Die Prostituierten, die sich in Kamituga zu einem Verein zusammengeschlossen haben, sind in andere Lokale wie die Bar „The Sage's Corner“ weitergezogen, die ein beliebter Treffpunkt von Goldschürfern und Straßenhändlern ist.
Im ersten Stock der Bar sitzen ein Dutzend Mitglieder des Prostituierten-Vereins auf schäbigen Sofas um einen Tisch herum. Nicole Mubukwa, stark geschminkt, mit blonder Perücke, Kopftuch und großen goldenen Ohrringen, hat keine Hemmungen, öffentlich über ihre Probleme mit Mpox zu sprechen – obwohl ihr Beruf in der Region mit einem starken Stigma behaftet ist.
Ein bisschen Publicity könne nicht schaden, sagt Mubukwa. Mpox sei schließlich schlecht fürs Geschäft. Seit dem Ausbruch der Epidemie habe sie nur noch wenige Kunden, beklagt Mubukwa. Viele infizierte Frauen hielten ihre Erkrankung geheim, um weiter Geld zu verdienen. „Es ist wie bei Aids, jeder verschweigt es“, sagte Alice, ein anderes Vereinsmitglied.
Trotz des erbärmlichen Zustands der Straßen, die Kamituga mit dem Rest der Demokratischen Republik Kongo verbinden, hat sich das Virus inzwischen in der ganzen Provinz Süd-Kivu und weit darüber hinaus ausgebreitet.
Mitte August rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wegen der Mpox-Ausbrüche in Afrika und einer neuen Virusvariante die höchste Alarmstufe aus: eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite.
Morgen soll im Kongo nun offiziell die Impfkampagne gegen Mpox starten. Die Menschen in Kamituga werden den Plänen zufolge mit als erste geimpft. Der Arzt Zanguilwa befürchtet, dass die Impfkampagne angesichts des Kommens und Gehens in der Stadt „schwierig“ wird.
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