Ausland

Israel verlängert Lockdown, erhebliche Regelverstöße

  • Montag, 1. Februar 2021
Tausende von ultraorthodoxen Juden nehmen an der Beerdigung des Rabbiners Meshulam Dovid Soloveitchik teil. Die Massenzeremonie fand trotz der coronabedingten Verbote für große öffentliche Versammlungen gestern statt. /picture alliance, AP, Ariel Schalit
Tausende von ultraorthodoxen Juden nehmen an der Beerdigung des Rabbiners Meshulam Dovid Soloveitchik teil. Die Massenzeremonie fand trotz der coronabedingten Verbote für große öffentliche Versammlungen gestern statt. /picture alliance, AP, Ariel Schalit

Jerusalem – Israel hat seinen Coronalockdown erneut verlängert. Die Maßnahmen gelten nun vorerst bis kommenden Freitagabend, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und das Gesund­heitsministerium gestern nach einer Kabinettssitzung mitteilten. Die Restriktionen wären ohne die Ver­längerung gestern um Mitternacht abgelaufen.

Trotz einer intensiven Impfkampagne sind die Infektionszahlen in Israel weiterhin hoch. Der Januar war in Israel mit insgesamt mehr als tausend Coronatoten der Monat mit den meisten Todesfällen seit Be­ginn der Pandemie. Übermorgen will das Kabinett erneut über eine mögliche abermalige Verlängerung des Lockdowns beraten, wie es in der Mitteilung hieß. Der Lockdown ist seit dem 27. Dezember in Kraft.

Gestern setzten sich tausende ultraorthodoxe Juden bei der Bestattung eines Rabbiners in Jerusalem über die Coronaregeln hinweg. Ohne sich an die Abstandsregeln zu halten und großteils auch ohne Masken folgte die Menge dem Trauerzug für den Leiter einer einflussreichen Talmudschule.

Strengreligiöse Juden stehen in Israel im Mittelpunkt der Bemühungen, die Weiterverbreitung des Coro­navirus unter Kontrolle zu bekommen. Immer wieder verstoßen sie gegen die Lockdown­bestimmungen, insbesondere wenn es um Synagogen und Talmudschulen geht. Dies sorgte in den vergangenen Tagen immer wieder für heftige Zusammenstöße mit der Polizei.

Auf Druck der Vereinten Nationen hat Israel am Wochenende zudem angekündigt, 5.000 Corona­impfdo­sen für das medizinische Personal im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen zur Verfügung zu stellen. Wie eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums gestern bestätigte, stammen die Impfstoffe aus israelischen Beständen.

Das Ministerium nannte keine Gründe für die Lieferung an die palästinensische Autonomieverwaltung. Seit Beginn der Impfkampagne im Dezember haben in Israel bereits drei Millionen der insgesamt neun Millionen Bürger die erste von zwei nötigen Impfdosen erhalten. Die israelische Impfkampagne gilt damit als die schnellste der Welt. In den Palästinensergebieten im Gazastreifen und im Westjordanland haben die Impfungen jedoch noch nicht begonnen.

Der UN-Gesandte für den Nahen Osten, Tor Wennesland, hatte Israel in der vergangenen Woche aufge­for­dert, Coronaimpfungen für die Palästinenser zu erleichtern und berief sich auf „Israels Verpflichtun­gen nach internationalem Recht“.

Auch die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch und Amnesty International vertraten die Ansicht, Israel sei aufgrund des internationalen humanitären Rechts und als Besatzungsmacht verpflich­tet, für die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen ebenfalls Impfstoff zur Verfügung zu stellen.

Die Palästinenserverwaltung gab an, sie habe vier Lieferverträge für Coronaimpfstoffe unterzeichnet, da­runter der russische Impfstoff Sputnik V. Diese Chargen sollen für 70 Prozent der Bewohner des Westjor­danlands und des Gazastreifens reichen. Erste Lieferungen werden in den kommenden Tagen erwartet.

Seit Beginn der Pandemie hat Israel etwa 641.000 Infektionen und mehr als 4.700 Todesfälle in Zusam­menhang mit dem Coronavirus registriert. Die palästinensischen Gesundheitsbehörden meldeten etwa 157.000 Fälle und mehr als 1.800 Todesfälle im Westjordanland und im Gazastreifen.

dpa/afp

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