Ausland

Libanon: Rettungskräfte durch Israels Angriffe getötet

  • Freitag, 4. Oktober 2024
/picture alliance, Anadolu, Houssam Shbaro
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Beirut – Im Libanon sind nach offiziellen Angaben mehr als 100 Rettungskräfte durch israelische Angriffe getötet und mehr als 220 verletzt worden. Das sagte der geschäftsführende Gesundheitsminister Firass Abiad, ohne einen Zeitraum für diese Zahlen zu nennen.

Allein in den vergangenen drei Tagen seien bei Rettungsdiensten und Feuerwehren mehr als 40 Einsatzkräfte getötet worden, sagte Abiad. Die Angriffe hätten neun Krankenhäuser, 45 weitere medizinische Einrichtungen und fast 130 Krankenwagen und Fahrzeuge der Feuerwehr getroffen. Die UN sprachen von 28 getöteten Mitarbeitern des Gesundheitssektors in vergangenen 24 Stunden.

Die meisten davon seien ums Leben gekommen, als sie hätten verletzten Zivilisten helfen wollen, sagte der WHO-Repräsentant Abdinasir Abubakar in einer Videoschalte aus dem Libanon. Er berief sich auf Daten des libanesischen Gesundheitsministeriums, die laufend von der WHO verifiziert würden.

Der geschäftsführende libanesische Gesundheitsminister Abiad sagte: „Dies ist ein Verstoß gegen internatio­nales Recht und Abkommen.“ Die Angriffe stellten „ohne Zweifel Kriegsverbrechen“ dar.

Die Behauptung, dass in den Fahrzeugen von Rettungsdiensten und Feuerwehr Waffen transportiert würden, seien „alte Ausreden und Lügen, die wir vorher schon in Gaza gehört haben“. Es gebe trotz der vielen Todes­opfer im Libanon keine Bemühungen, Sanitäter zu schützen.

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte in Genf, viele Gesundheitsmitarbeiter seien auf der Flucht. Dies schränke die Kapazitäten für die Behandlung der Massen von Verletzten erheblich ein. Tedros forderte eine Deeskalation der regionalen Konflikte, auch zwischen dem Iran und Israel. „Frieden ist die beste Medizin“, sagte er.

Die WHO betonte heute aber auch, dass sich seit den verheerenden Terrorangriffen aus dem Gazastreifen auf Israel am 7. Oktober 2023 auch in Israel eine Gesundheitskrise ausgebreitet hat. „An diesem Montag jährt sich ein kollektives Trauma, das niemanden im Land verschont hat“, sagte der Vertreter der Weltgesundheitsorga­nisa­tion (WHO) in Israel, Michel Thieren.

Doppelt bis teils dreimal so viele Menschen wie vorher benötigten psychiatrische Unterstützung. Hintergrund seien einmal die Anschläge mit rund 1.200 Toten, die Verschleppung von rund 200 Geiseln in den Gazastrei­fen und rund 19.000 Raketen, die seitdem auf Israel abgefeuert wurden. Dadurch seien 75.000 Menschen ver­trieben worden, die bislang nicht in ihre Häuser zurückkonnten.

Nach Angaben von Thieren funktioniert das gesamte Gesundheitssystem im Norden des Landes nur noch in Keller- und Schutzräumen oder Parkhäusern. „Ein Patient ohne Tageslicht ist ein Patient ohne natürliche Kraft gesund zu werden“, sagte Thieren. „Keiner wird ohne Frieden heilen“, sagte Thieren. „Und keiner wird ohne die Rückkehr der 101 Geiseln heilen, die noch in den Händen der Hamas sind.“

Im Libanon ist unterdessen erstmals seit der Eskalation der Gewalt eine Hilfslieferung der Vereinten Nationen per Flugzeug eingetroffen. Sie umfasst 30 Tonnen medizinische Hilfsgüter, mit denen zehntausende Menschen behandelt werden könnten, wie es hieß. In den kommenden Tagen sollten weitere Flugzeuge mit Hilfsgütern eintreffen, unter anderem zur Behandlung von Cholera und von psychischen Erkrankungen.

dpa

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