Mehrere Medizin-Fachgesellschaften in USA fordern Kennedys Rücktritt

Washington – Mehrere medizinische Fachgesellschaften und Patientenorganisationen in den Vereinigten Staaten fordern geschlossen den Rücktritt von US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Junior. Dieser hatte zuletzt unter anderem mit der Entlassung der Direktorin der Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Susan Monarez, für einen Eklat gesorgt.
„Wenn hochrangige Experten der CDC gezwungen werden, sich von jahrzehntelanger fundierter Wissenschaft abzuwenden, um Kennedys Agenda zu erfüllen, sind wir alle gefährdet“, heißt es in einem gemeinsamen Statement, das die Infectious Diseases Society of America (IDSA) veröffentlichte. Es ist demnach unter anderem von der American Public Health Association sowie mikrobiologischen und virologischen Fachgesellschaften unterzeichnet.
Man sei zutiefst besorgt darüber, dass Menschen in den USA „unnötig leiden und sterben werden“ – als Ergebnis einer Politik, die sich von sinnvollen Interventionen abwende. Kennedy müsse zurücktreten, um die Integrität, Glaubwürdigkeit und wissenschaftsbetonte Aufgabe des Gesundheitsministeriums und all seiner Behörden wiederherzustellen, heißt es.
Die Zeichner des Statements werfen Kennedy unter anderem vor, Wissenschaft zu missachten, die über Jahrzehnte Leben gerettet habe, Fehlinformationen zu verbreiten, medizinischen Fortschritt zu untergraben und schützende Programme zu kürzen. Sie mahnen dringend einen Kurswechsel an: Man müsse mit dem Wiederaufbau der Public-Health-Infrastruktur beginnen. „Kennedy hat sich als unwillig und schlecht vorbereitet erwiesen, diese Bemühungen zu leiten.“
Nach der Entlassung von Monarez in der vergangenen Woche und der darauf folgenden Kündigung mehrerer CDC-Führungskräfte bezeichneten bereits neun frühere CDC-Direktoren Kennedy als Gefahr für die Gesundheit der US-Bevölkerung. Senator Bernie Sanders forderte in den New York Times Kennedys Rücktritt.
Monarez soll sich gegen Forderungen des Ministers nach weiteren Entlassungen bei den CDC und gegen seine Impfpolitik gestellt haben. Sie war nur wenige Wochen im Amt. Kennedy rechtfertigte in einem heute verbreiteten Statement auf der Plattform X seinen Kurs und sagte, dadurch werde wieder Vertrauen in die CDC aufgebaut, das etwa in der Coronapandemie verspielt worden sei. Seinen Worten zufolge könnten die Beschäftigten dort nun wieder ohne Politik und ohne Angst arbeiten.
Ehemaliger CDC-Impfexperte warnt vor kommenden Empfehlungen
CDC-Spitzenkräfte, die kürzlich kündigten, begründeten den Schritt unter anderem mit mangelnden Möglichkeiten, bei Kennedy mit wissenschaftlicher Beratung durchzudringen. Über veränderte Regelungen zu COVID-19-Impfungen für Kinder habe er beispielsweise auf der Plattform X erfahren, sagte der ehemalige Direktor des National Center for Immunization and Respiratory Diseases bei den CDC, Demetre Daskalakis, kürzlich den New York Times.
Er äußerte einerseits Sorgen vor der Manipulation und Verzerrung von CDC-Daten, andererseits aber auch vor der zunehmenden Präsentation von Daten aus ungeprüften Quellen. „Ich denke, die Daten werden kompromittiert werden, die Wissenschaft wird nicht mehr die Wissenschaft sein, sondern eine Frankenstein-Version davon und Ideologie“, so Daskalakis.
Er gab der Öffentlichkeit in dem Podcast ausdrücklich den Rat, etwa künftigen Empfehlungen des von Kennedy personell neu besetzten Impfgremiums ACIP mit Vorsicht zu begegnen. Man solle besser mit dem eigenen Arzt sprechen und auf Empfehlungen ärztlicher Organisationen vertrauen.
Die Entlassung von Monarez und die Aussicht auf eine nicht wissenschaftliche Leitung der CDC sei letztlich ausschlaggebend für die Kündigung gewesen – zumal die nächste ACIP-Sitzung bevorsteht, bei der ein Umkrempeln des Kinder-Impfkalenders befürchtet wird.
Pfizer reagiert auf Trump-Vorwürfe
US-Präsident Donald Trump hatte es kürzlich so dargestellt, als würden die CDC durch einen Streit über die Frage des Nutzens von COVID-19-Arzneimitteln zerrissen. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete. Er gab Pharmafirmen eine Mitschuld: Trump warf ihnen mangelnde Transparenz vor und forderte Daten, die Klarheit bringen.
Gestern reagierte der Konzern Pfizer mit einem Statement von Geschäftsführer Albert Bourla und bekräftigte, dass es sich bei der Entwicklung von mRNA-Impfstoffen im Rahmen der von Trump selbst angestoßenen „Operation Warp Speed“ um eine bedeutende Errungenschaft für die öffentliche Gesundheit handle.
„Eine solche Leistung wäre aufgrund ihrer erheblichen Auswirkungen normalerweise des Friedensnobelpreises würdig“, so Bourla weiter – offensichtlich eine Anspielung auf den vielfach von Trump geäußerten Wunsch, diese Auszeichnung zu erhalten.
Pfizer verwies zudem auf Ergebnisse, die schon lange publik seien: Daten zu den COVID-19-Impfstoffen seien bereits in mehr als 600 Publikationen mit Peer-Review-Verfahren publiziert worden, so der Konzern. Darüber hinaus habe man der FDA in den USA und Aufsichtsbehörden in 130 Ländern detaillierte Daten vorgelegt.
Pfizer lieferte Trump zudem einen Link zu einer Konzernwebseite mit Studien und Updates. Bis Monatsende würden weitere Informationen hinzugefügt, hieß es.
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