Österreich lockert Coronalockdown mit Testoffensive

Wien – Nach sechs Wochen Coronalockdown öffnen in Österreich heute die Geschäfte wieder. Auch Kinder und Jugendliche dürfen – teilweise im Schichtbetrieb und mit regelmäßigen Coronatests – wieder in die Schule in den Präsenzunterricht gehen. Das Tragen einer besonders schützenden FFP2-Maske wird nahezu überall Pflicht.
Friseure und Masseure können wieder arbeiten. Für den Besuch ist künftig ein negativer Coronatest erforderlich. Das Ergebnis darf nicht älter als 48 Stunden sein. Dafür wurde das Angebot für kostenlose Testungen auf fast 1.000 Stationen ausgebaut.
In Betrieben gibt es eine breite Testoffensive. Bis Ende Februar sollen zudem Gratistests in Apotheken im ganzen Land verfügbar sein. Dies würde vor allem der älteren Bevölkerung helfen, die weniger mobil ist, und das Angebot auf dem Land ausbauen.
Museen können nun ebenfalls wieder besucht werden. Die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen bleiben bestehen. Wann die Hotellerie und die Gastronomie wieder aufsperren darf, blieb unklar. Keinesfalls vor März, teilte die Regierung mit.
Die Zahlen der durchschnittlichen täglichen Neuansteckungen in Österreich stagnierten zuletzt trotz Lockdowns. Gestern wurden 1.317 Neuinfektionen vermeldet. Die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz lag bei 107 pro 100.000 Einwohner. Der deutsche Wert betrug 75,6.
Bundeskanzler Sebastian Kurz nannte im Januar als Zielwert, dass es mit Ende des Lockdowns nur noch 600 bis 700 Neuinfektionen pro Tag geben dürfe – eine Inzidenz von etwa 50. Diese Werte wurden nie erreicht. Gesundheitsminister Rudolf Anschober hoffte, dass es keinen weiteren Lockdown brauche. „Aber ausschließen kann das auf dieser Welt niemand“, sagte er der Kronen Zeitung gestern. Seit Beginn der Pandemie sind in Österreich mit seinen knapp neun Millionen Einwohnern mehr als 8.000 Menschen an oder mit COVID-19 gestorben.
Verschärfung der Grenzkontrollen
Aus Sorge vor der weiteren Verbreitung des Coronavirus kündigte Österreich zudem an, Grenzkontrollen zu Deutschland und den weiteren Nachbarländern ab heute massiv zu verschärfen. So sollen alle nicht notwendigen Reisen in der Pandemie verhindert werden. „Die Grenzkontrollen dienen als Wellenbrecher für Infektionsketten, die gerade durch neue Virusmutationen immer gefährlicher werden“, sagte Innenminister Karl Nehammer.
Jeder Reisende muss künftig beim Grenzübertritt einen negativen Coronatest vorlegen. Ausnahmen gibt es nicht mehr. Auch sei eine zehntägige Quarantäne einzuhalten. Pendler müssen sich – wie andere Einreisende auch – nun online registrieren und einmal pro Woche einen negativen Coronatest vorzeigen. Um mögliche Grenzübertritte von Touristen zu verhindern, kündigten die Behörden zudem verstärkte Kontrollen in Skigebieten an.
Für das Bundesland Tirol wurde heute aufgrund der als brisant eingeschätzten Coronalage ab sofort eine Reisewarnung verhängt. Zuletzt war es in dem an Bayern grenzenden Bundesland zu einer starken Ausbreitung der ansteckenderen südafrikanischen Coronavirus-Variante gekommen. „Daher ist alles zu tun, um zu verhindern, dass sich diese Mutationen immer weiter ausbreiten“, betonte Kurz.
Nach Einschätzung von Experten, auf die sich die Bundesregierung stützt, liegen mittlerweile 293 belegte Fälle der zuerst in Südafrika entdeckten Mutation des Coronavirus in Tirol vor. Die Zahl der aktiven Fälle werde auf zumindest 140 geschätzt, hieß es.
Das Auswärtige Amt in Berlin warnte bereits zuvor vor allen nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Österreich. Ganz Österreich, mit Ausnahme der Exklaven Jungholz und Kleinwalsertal, gilt nun als Risikogebiet.
Experten hatten wegen der Coronalage in Tirol die Isolierung zumindest einzelner Gebiete gefordert. Noch während der Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium präsentierte Tirol eigene Vorschläge zur Eindämmung und rief seine Bevölkerung auf, die Mobilität einzuschränken. Für die Benutzung von Seilbahnen müssen Gäste künftig einen negativen Coronatest vorweisen. Obendrein soll es flächendeckende Coronatests in Bezirken geben, in denen das Virus oft nachgewiesen wurde.
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