Ausland

Polnische Regierung legt neue Leitlinien zu liberalerem Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen vor

  • Montag, 2. September 2024
Polens Ministerpräsident Donald Tusk./picture alliance, Photoshot
Polens Ministerpräsident Donald Tusk./picture alliance, Photoshot

Warschau – Neuer Anlauf bei den Bemühungen um eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen: Knapp zwei Monate nach einer gescheiterten Abstimmung im Parlament hat die Regierung in Warschau neue Leitlinien zur Lockerung der strikten Einschränkungen vorgelegt.

Sie forderte am Freitag die Justiz des Landes auf, im Rahmen der bestehenden Rechtsprechung auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit einer Frau als ausreichenden Grund für einen Schwangerschaftsabbruch anzuerkennen.

Mit den neuen Leitlinien müssten „Ärzte nicht mehr die Staatsanwaltschaft fürchten, wenn sie Entscheidungen über den Zugang zu legalen Abtreibungen aufgrund von Gesundheitsrisiken, zum Beispiel der psychischen Gesundheit, treffen“, sagte Regierungschef Donald Tusk. Die neuen Richtlinien könnten „natürlich nicht das Gesetz ändern“, betonte Tusk. Sie würden aber „die Haltung der Staatsanwaltschaft und der Ärzte ändern“.

Das katholisch geprägte Polen hat aktuell eines der restriktivsten Abtreibungsrechte in Europa. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist nur möglich, wenn diese aus einer Vergewaltigung oder Inzest hervorging oder wenn das Leben und die Gesundheit der Frau gefährdet sind. Wer dabei hilft, eine Abtreibung vorzunehmen, kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.

Polnische Frauenrechtsgruppen beklagen eine abschreckende Wirkung des gesetzlichen Verbots der Beihilfe zu Abtreibungen. Sie erklärten, Ärzte hätten Angst, Eingriffe vorzunehmen, selbst wenn es dafür rechtliche Gründe gebe.

Die Legalisierung des Abtreibungsrechts gilt als eines der wichtigsten Projekte der Tusk-Regierung. Sein proeuro­päisches Bündnis hatte die Wahlen im vergangenen Oktober unter anderem mit dem Versprechen gewonnen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren.

Zuletzt erlitten die Bemühungen jedoch einen Rückschlag: Im Juli lehnte das Parlament in Warschau mit knapper Mehrheit einen Gesetzentwurf ab, der die Beihilfe zu Abtreibungen entkriminalisiert hätte.

Vergangene Woche hatte Tusk eingeräumt, dass es „einfach keine Mehrheit“ gebe, um das Wahlversprechen seiner Partei einzulösen, in der laufenden Legislaturperiode Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Schwangerschafts­woche zu ermöglichen. „Machen wir uns nichts vor: Es wird in diesem Parlament bis zur nächsten Wahl keine Mehrheit für einen legalen Schwangerschaftsabbruch im vollen Sinne des Wortes geben“, sagte er.

afp

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