UN-Ausschuss: Abtreibungsrecht in Polen verletzt Frauenrechte

Genf – Das restriktive Abtreibungsrecht in Polen verletzt nach Ansicht eines UN-Ausschuss die Rechte von Frauen. Polnische Frauen seien aufgrund der restriktiven Abtreibungsgesetze „mit schweren Menschenrechtsverletzungen konfrontiert“, heißt es in einem gestern vorgestellten Bericht des UN-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen (CEDAW).
Viele der Betroffenen seien „gezwungen, ungewollte Schwangerschaften auszutragen, unsichere, illegale Methoden anzuwenden oder für legale Abtreibungen ins Ausland zu reisen“. Die Situation in Polen stelle „geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen“ dar und könne den Grad von „Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung erreichen“, sagte die Vize-Vorsitzende des Ausschusses, Genoveva Tisheva.
Das katholisch geprägte Polen hat aktuell eines der restriktivsten Abtreibungsrechte in Europa. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist nur möglich, wenn diese aus einer Vergewaltigung oder Inzest hervorging oder wenn das Leben und die Gesundheit der Frau gefährdet sind. Wer dabei hilft, einen Abbruch auszuführen, kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.
2021 leitete der CEDAW eine Untersuchung der Gesetze ein. In seinem nun vorgelegten Bericht dazu prangerte der Ausschuss zudem ein Gesetz an, das die Beihilfe zur Abtreibung unter Strafe stellt.
Ärzte würden daher „häufig zögern, Abtreibungen vorzunehmen, selbst wenn sie legal sind, weil sie eine strafrechtliche Verfolgung befürchten“. Andere Ärzte lehnten Abbrüche aus moralischen oder religiösen Gründen ab. Überdies erschwerten eine komplexe Bürokratie und eine einflussreiche Antiabtreibungslobby den Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch.
Zusammengenommen würden diese Faktoren „ein komplexes, feindseliges und abschreckendes Umfeld“ schaffen, in dem der Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch „stigmatisiert wird und praktisch unmöglich ist“, sagte Tisheva.
Die Legalisierung des Abtreibungsrechts gilt als eines der wichtigsten Projekte der Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk. Sein pro-europäisches Bündnis hatte die Wahlen im vergangenen Oktober unter anderem mit dem Versprechen gewonnen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren.
Zuletzt erlitten die Bemühungen jedoch einen Rückschlag: Im Juli lehnte das Parlament in Warschau mit knapper Mehrheit einen Gesetzentwurf ab, der die Beihilfe zu einem Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert hätte.
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