Republikaner scheitern mit Teilabschaffung „Obamacares“

Washington – US-Präsident Donald Trump hat im Streit um die Gesundheitsreform in den USA erneut eine herbe Niederlage erlitten. Der Senat in Washington lehnte es heute mit knapper Mehrheit ab, das Gesundheitssystem seines Vorgängers Barack Obama zumindest teilweise abzuschaffen. 51 votierten gegen, 49 für die Teil-Abschaffung von „Obamacare“.
Dagegen sprachen sich neben allen Demokraten auch drei republikanische Politiker aus. Darunter ist Trump-Kritiker John McCain, der erst kürzlich wegen eines Hirntumors operiert worden war. Der Präsident hatte seine Parteikollegen zwar immer wieder ermahnt, zu einer Lösung zu kommen. Allerdings tat er öffentlich wenig dafür, die von Flügelkämpfen zerrissene Partei zu einen. Auch brachte er sich nicht aktiv in die Gestaltung eines Kompromissvorschlages ein, sondern überließ dies dem republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell. Stattdessen stellte Trump eine der Abweichlerinnen öffentlich an den Pranger.
Der Präsident reagierte via Twitter auf das Ergebnis: „Drei Republikaner und 48 Demokraten haben das amerikanische Volk im Stich gelassen.“ Er forderte zugleich, dass man „Obamacare“ nun einfach scheitern lassen müsse. McConnell sprach nach dem Votum von einer „echten Enttäuschung“. „Ich bereue es, dass unsere Anstrengungen dieses Mal einfach nicht genug waren“, erklärte er und wandte sich zugleich an die Demokraten. Diese müssten nun sagen, welche Ideen sie für die Gesundheitsversorgung haben.
Der demokratische Oppositionsführer Chuck Schumer erklärte, man sei froh über das Ergebnis. „Wir sind erleichtert, nicht für uns selbst, aber für das amerikanische Volk.“ Es sei zu begrüßen, dass Millionen Menschen in den USA ihre Krankenversicherung behalten könnten.
McCain erklärte, er habe mit Nein gestimmt, weil der Entwurf keine Vorschläge für eine Reform des Gesundheitssystems enthalten habe. Er sei zwar der Meinung, dass „Obamacare“ abgeschafft und ersetzt werden müsse – eine Gesetzgebung dazu dürfe aber nicht einfach durchgedrückt werden. Man müsse nun zum korrekten Gesetzgebungsverfahren zurückkehren, forderte der 80-Jährige. Die zuständigen Ausschüsse müssten Anhörungen abhalten, Vorschläge von beiden Parteien müssten berücksichtigt werden. McCain war Anfang der Woche trotz einer Gehirnoperation und einer dabei diagnostizierten Krebserkrankung eigens nach Washington gereist, um an den Abstimmungen teilzunehmen.
Ursprüngliches Ziel der Republikaner war es, die seit sieben Jahren vehement ausgegebene Losung – „Obamacare“ abschaffen und ersetzen – zu realisieren. Aber schon für mehrere andere Anläufe hatten sie in den vergangenen Wochen keine Mehrheit zusammenbekomme.
McConnell hatte seinen Kompromissvorschlag gestern am späten Abend veröffentlicht. Dieser hatte zwei zentrale Punkte zum Ziel: Zum einen sollte die Versicherungspflicht für weite Teile der Bevölkerung aufgehoben werden; zum anderen sollte die Vorschrift wegfallen, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern eine Krankenversicherung zur Verfügung stellen müssen oder andernfalls eine Art Strafsteuer riskieren.
Die republikanische Parteiführung wollte damit nach quälend langer Debatte über „Obamacare“ eine Art Container-Gesetz durchdrücken: In den Rahmen des erst einmal verabschiedeten Gesetzes hinein hätte dann eine neue Gesundheitsgesetzgebung aufgebaut werden sollen. Da das verabschiedete Gesetz also nicht sofort geltendes Recht geworden wäre, sondern noch Verhandlungsspielraum geboten hätte, sah dieser Weg nach einem gangbaren Kompromiss aus.
Aber schon im Verlauf des Tages gab es Zweifel an den Chancen des Plans. In einer Pressekonferenz erklärten vier republikanische Senatoren, sie würden dem Kompromissvorschlag nicht zustimmen, solange sie keine Garantie hätten, dass diese Fassung nicht zum Gesetz werde. Es sei immer nur als Vehikel gedacht gewesen, erklärten Lindsey Graham und McCain. Graham votierte letztlich doch dafür, McCain stellte sich dagegen. Seine Stimme war wohl die entscheidende. Bei den beiden anderen Abweichlerinnen Lisa Murkowski und Susan Collins war im Vorfeld mit einem Nein gerechnet worden.
Den Senatorinnen aus Alaska und Maine gingen schon in den vergangenen Wochen andere Entwürfe zur Abschaffung von „Obamacare“ zu weit. Sie fürchteten zu große Konsequenzen für die Menschen in ihren Bundesstaaten. An dem gestrigen Entwurf störte sie, dass er Gelder für „Planned Parenthood“ blockiert hätte. Diese Organisation ist in vielen ländlichen Gebieten ein wichtiger Anbieter von medizinischen Diensten.
Der Abstimmung war eine lange und zähe Debatte vorausgegangen. Die Demokraten beklagten in einer Vielzahl von Äußerungen mangelnde Transparenz und ein zutiefst undemokratisches Gebaren – dabei gehe es doch um das Schicksal von Millionen Menschen. Vor dem Kongress kam es zu Protesten.
Die Pläne der Republikaner hätte für Millionen von US-Bürgern den Verlust ihres Versicherungsschutzes bedeutet – nach Schätzungen des parteiunabhängigen Rechnungshofes des Kongresses wären 32 Millionen Menschen betroffen gewesen. Trump hatte im Wahlkampf das Aus für „Obamacare“ versprochen, da er das System für zu teuer hält. Den Republikanern ist es bisher aber nicht gelungen, sich auf eine Reform zu einigen.
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