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Trumps geplanter Ausstieg aus Pariser Klimaabkommen stößt auf Kritik und Bedauern

  • Mittwoch, 22. Januar 2025
/robu_s, stock.adobe.com
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Washington – Der neue US-Präsident Donald Trump will erneut das Pariser Klimaschutzabkommen zur Begren­zung der Erderwärmung kündigen. Auch wenn sich die konkreten Folgen noch schwer absehen lassen, fallen die Reaktionen auch im Gesundheitsbereich kritisch aus.

Die Kündigung muss bei den Vereinten Nationen eingereicht werden, sie wird nach einem Jahr wirksam. Damit werden die Vereinigten Staaten weitgehend aus dem Kampf der Staatengemeinschaft gegen die Erderwärmung aussteigen.

Trump hatte das Abkommen als „Katastrophe“ und „Abzocke“ der Vereinigten Staaten bezeichnet. In einer Mittei­lung des Weißen Hauses hieß es, Trump werde den „Klimaextremismus“ seines Vorgängers Joe Biden beenden. Nach Trumps Darstellung gibt es die Erderwärmung nicht, den Klimawandel bezeichnet er immer wieder als „großen Schwindel“.

Das Pariser Klimaabkommen hat das Ziel, die Erderwärmung auf klar unter zwei Grad im Vergleich zur vorindus­triellen Zeit zu begrenzen – und möglichst auf nur 1,5 Grad. Auf dieses Ziel hatte sich der UN-Klimagipfel 2015 in Paris geeinigt und es später auf Klimakonferenzen mehrfach bekräftigt. Damit sollen die schlimmsten Folgen der Klimakrise vermieden werden, beispielsweise häufigere und heftigere Hitzewellen, Dürren, Waldbrände sowie Unwetter und Überschwemmungen.

Die Vertragsstaaten sollen dafür Pläne für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen bei den UN einreichen. Entscheidende Teile der Vereinbarung sind völkerrechtlich verbindlich. Es gibt jedoch keine Strafen bei Nichter­füllung der Zusagen. Fast alle Staaten der Welt sind Teil der Vereinbarung. Nur Jemen, Iran und Libyen haben den Vertrag nicht unterzeichnet.

Das Vor und Zurück beim Klimaabkommen

Trump hatte die USA bereits in seiner ersten Amtszeit (2017-2021) aus dem Abkommen geführt. Aufgrund der Kündigungsfrist wurde der Austritt aber erst kurz vor Ende seiner Amtszeit im November 2020 wirksam. Da war schon klar, dass der Demokrat Biden ihn im Weißen Haus ablösen und die USA wieder in das Abkommen zurück­führen würde.

Offiziell sind sie seit Februar 2021 wieder Vertragsmitglied. Biden hatte die Rückkehr zum Klimaabkommen als eine seiner drängendsten Aufgaben direkt an seinem ersten Arbeitstag am 20. Januar eingeleitet. Trump hatte damals argumentiert, die Verpflichtungen aus dem Vertrag seien zu kostspielig und benachteiligten das Land im internationalen Wettbewerb.

Austritt hat starke symbolische Wirkung

Vergangenes Jahr hat sich die Erde erstmals um mehr als 1,5 Grad aufgeheizt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Es war nach Berechnungen des EU-Klimadienstes wohl das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeich­nungen. Das 2015 auf der Pariser Klimakonferenz vereinbarte Ziel, die Erhitzung möglichst auf 1,5 Grad zu de­ckeln, gilt aber noch nicht als verfehlt, denn dafür sind längerfristige Durchschnittswerte maßgeblich.

Die USA sind der weltweit größte Produzent und Verbraucher von Öl, wie aus offiziellen US-Daten und Daten der Internationalen Energiebehörde IEA hervorgeht. Nach China haben sie den zweithöchsten Treibhausgasausstoß, bei deutlich weniger Einwohnern. Vor diesem Hintergrund hat die Abkehr von dem Abkommen starke symbo­lische Wirkung und könnte zum Nachahmen ermutigen.

Stärker noch als der Austritt aus dem Abkommen dürfte jedoch Trumps Umwelt- und Wirtschaftspolitik generell den Klimaschutz beeinträchtigen. Es wird erwartet, dass Trump wie in seiner ersten Amtszeit Schutzstandards senken könnte. Laut der New York Times bereitet der Republikaner etwa die Verkleinerung von Naturschutzge­bieten vor, um noch mehr Erdölbohrungen und dem Bergbau den Weg freizumachen.

Schaden wird auch in den USA selbst erwartet

Auch wenn der Schritt erwartet worden war: Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland werten ihn als Rückschlag und Enttäuschung im Kampf gegen den Klimawandel – nicht zuletzt mit zu erwartenden negativen Folgen für die USA selbst, die immer wieder mit Extremwettereignissen zu kämpfen haben.

Die grundlegenden Gesetze der Physik ließen sich nicht durch Trumps Agenda beeinflussen: Ein heißeres Klima verursache gefährlicheres Wetter, kommentierte etwa Friederike Otto vom Umweltpolitikzentrum des Imperial College London.

Der Direktor des Reading Centre for Climate and Justice, Chris Hilson, hält es jedoch für möglich, dass sich der Effekt des Austritts in der internationalen Diplomatie in Grenzen halten könnte: Da dieser erwartet worden war, sei er ohnehin bereits mehr oder weniger eingepreist gewesen. „Andere Länder werden ohne die USA weiter­machen.“

Andere Experten bewerten dies mit größerer Skepsis. Der Austritt der USA könne es anderen Ländern erlauben, sich mehr Zeit bei der Dekarbonisierung zu lassen und den USA die Schuld zu geben, meint Klimatologie-Pro­fessor Mark Maslin (University College London).

Von einem fatalen politischen Signal für die globalen Anstrengungen zur Emissionskontrolle sprach Wilfried Rickels, der das Forschungszentrum Global Commons und Klimapolitik am Institut für Weltwirtschaft in Kiel leitet.

Der Leiter der AG Klimawandel und Extremereignisse am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig, Reimund Schwarze, hält es für möglich, dass andere Länder das Abkommen nun ebenfalls infrage stellen. Dabei gebe es keine Alternative zu dem Übereinkommen. Sogenannte Klimaklubs könnten ohne die USA und China nicht funktionieren oder jedenfalls keine tiefgreifenden Einschnitte durch Handelspolitik erzwingen.

Die Kräfteverhältnisse auf den internationalen Klimakonferenzen würden durch den US-Ausstieg verschoben, erwartet Ole Adolphsen aus der Forschungsgruppe Globale Fragen der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. „Chinas Rolle und Einfluss werden wachsen.�“

Scholz setzt weiter auf internationale Organisationen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte heute sein Bedauern über den geplanten Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. „Wir setzen auf internationale Organisationen und auf eine internationale, regelbasierte Ordnung.“

Aus Sicht der Bundesregierung sei der Klimawandel ein enormes globales Problem, auf das die Weltgemeinschaft insgesamt eine Antwort finden müsse. „Aus unserer Sicht ist das Pariser Klimaabkommen unverzichtbar und wir werden auch weiterhin darauf setzen.“

Die Bundesregierung werde mit den USA im Gespräch bleiben, um besser zu verstehen, was die Motive seien. „Wir halten an diesen Abkommen fest“, sagte die Sprecherin. „Das gilt auch für die Mitgliedschaft in der WHO.“ Dies sei eine wichtige zentrale Organisation gegen weltweite Bedrohungen der Gesundheit.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den WHO-Austritt der USA als schweren Schlag für den internationalen Kampf gegen globale Gesundheitskrisen bezeichnet. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.

„Dass der amerikanische Präsident den Klimawandel als Unsinn bezeichnet, kann uns nicht fröhlich stimmen“, sagte der Vorstandschef der Barmer, Christoph Straub, heute in Berlin bei einer Veranstaltung der Krankenkasse zu Klima und Gesundheit, mit der auch in Hinblick auf die Bundestagswahl ein Signal gesetzt werden sollte.

„Dass da was passiert, lässt sich nicht verhandeln“, betonte Straub. Wenn der Klimawandel so voranschreite, dann werde es schwer sein, gesund zu leben, gesund zu wohnen, sich gesund zu ernähren. „Gesunde Ernährung hängt auch davon ab, dass es irgendwo wächst und auch da ist der Klimawandel eine große Bedrohung.“

Das Klima verändere die Art, wie Medizin praktiziert werde, betonte der Mediziner und Präsident der Walter-Siegenthaler-Gesellschaft, Michael Hallek. Er appellierte auch angesichts der Entwicklungen in den USA zu Klar­heit, Wahrhaftigkeit und Handeln. Man müsse die Medizin und das Gesundheitswesen besser machen, auch um die Gesellschaft zu erhalten.

Entsetzen bei Afrikanischer Union über WHO-Austritt

Heute zeigte sich auch die Afrikanische Union (AU) über den geplanten US-Austritt aus der WHO entsetzt. Der Vorsitzende der AU-Kommission, Moussa Faki Mahamat, erklärte, er hoffe, die neue US-Regierung unter Trump werde „ihre Entscheidung überdenken“. Der afrikanische Kontinent hat momentan mit mehreren Epidemien zu kämpfen, etwa durch das Mpox- und das Marburgvirus.

„Die Welt ist heute mehr denn je auf die WHO angewiesen“, erklärte der Vorsitzende und fügte hinzu, die WHO müsse die Sicherheit der globalen öffentlichen Gesundheit gewährleisten. Besonders in Afrika hatten die Ver­einigten Staaten in der Vergangenheit laut der AU eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von Krank­heiten gespielt.

ggr/nfs/dpa

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