Ausland

US-Behörde: COVID-19-Booster je nach Alter und Risiko zulassen

  • Freitag, 23. Mai 2025
/picture alliance, dpa, Ole Spata
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Silver Spring – Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) ändert ihren Kurs bei der Zulassung von COVID-19-Boostern. Man werde die Auffrischimpfung künftig für Menschen mit hohem Risiko zulassen und gleichzeitig robuste Daten nach dem Goldstandard zu Menschen mit niedrigem Risiko verlangen, erklärte die US-Arzneimittelbehörde kürzlich auf der Plattform X.

Bisher empfiehlt die US-Impfkommission Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) für alle Menschen ab einem Alter von sechs Monaten eine jährliche COVID-19-Auffrischung. In US-Medien gab es Kritik, dass die FDA mit ihrem Vorstoß Aufgaben des Gremiums an sich reiße. Eine der Befürchtungen ist, dass die Impfstoffe künftig etwa für jüngere Menschen schlechter zugänglich sein werden.

US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. schrieb auf X zum neuen Kurs, es handle sich um eine „längst überfällige Rückkehr zu wissenschaftlicher Integrität und medizinischer Freiheit“.

Der neue FDA-Chef Martin Makary und der ebenfalls neue Leiter eines für Impfstoffe zuständigen FDA-Zentrums, Vinay Prasad, erklären den Schritt im Kommentar- und Meinungsbereich des New England Journal of Medicine (2025; DOI: 10.1056/NEJMsb2506929) unter anderem mit Impfempfehlung anderer einkommensstarker Länder, etwa in Europa: Dort würden jährliche Booster im Kern älteren Erwachsenen und Menschen mit hohem Risiko für schwere Krankheitsverläufe empfohlen.

Demnach sei das bisherige Vorgehen in den USA manchmal damit gerechtfertigt worden, dass die amerikanische Bevölkerung nicht gebildet genug sei, um um alters- und risikoabhängige Empfehlungen zu verstehen. „Wir weisen diese Ansicht zurück“, heißt es nun von der FDA.

Der Nutzen wiederholter COVID-19-Booster sei insbesondere bei Menschen mit geringem Risiko, die bereits mehrere Dosen erhielten und/oder mehrfach mit SARS-CoV-2 infiziert waren, ungewiss, schreiben Makaray und Prasad.

„Die amerikanische Bevölkerung und viele Gesundheitsdienstleister sind nicht überzeugt“, hieß es, auch mit Blick auf die relativ geringe Inanspruchnahme jährlicher COVID-19-Auffrischimpfungen in den USA. Die Autoren betonen außerdem Unterschiede zwischen COVID-19 und Influenza, bei der sehr wohl jährliche Schutzimpfungen erforderlich seien.

Die FDA geht laut dem NEJM-Beitrag davon aus, dass sie in Zukunft zu günstigen Nutzen-Risiko-Befunden für Erwachsene über 65 Jahre und für alle Personen über sechs Monate mit einem oder mehreren Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf kommen wird. Angenommen werde, dass 100 bis 200 Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten in diese Gruppen fallen.

Für gesunde Menschen zwischen sechs Monaten und 64 Jahren ohne entsprechendes Risiko erwarte die FDA, dass randomisierte, kontrollierte Studiendaten vorliegen müssen, bevor ein Antrag auf Zulassung genehmigt werden kann. Einige Anforderungen der FDA an solche Studien, etwa zu gewünschten Endpunkten, werden im NEJM formuliert.

Etliche Fragen, die sich nun auch für Pharmafirmen stellen, sind offen, wie das US-Fachportal Stat schreibt. Demnach soll es anders als bislang üblich vor dem Kurswechsel keinen Abstimmungsprozess gegeben haben, um etwa Industrie, Verbraucher und Organisationen wie die Seuchenschutzbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) einzubinden. Dadurch könnten die neuen FDA-Vorstellungen juristisch angreifbar sein, hieß es.

Im NEJM halten Makary und Prasad fest, dass die rasche Entwicklung der COVID-19-Impfstoffe im Jahr 2020 eine große wissenschaftliche, medizinische und regulatorische Leistung darstelle. Sie glauben, dass die bisher breite Boosterempfehlung auch zum allgemein gesunkenem Vertrauen in Impfungen in den USA beigetragen habe – sogar in die Masernimpfung, die sich klar als sicher und hoch effektiv erwiesen habe. Auch vor dem Hintergrund wolle die FDA Orientierungshilfen geben und das Schaffen von Evidenz fördern.

US-Gesundheitsminister Kennedy hatte in der Vergangenheit häufig Zweifel an Impfungen gesät und Umwälzungen bei der FDA während seiner Amtszeit angekündigt. In einem Report zu möglichen Ursachen chronischer Erkrankungen bei Kindern in den Vereinigten Staaten, den die dortige Regierung gestern vorgestellt hat, wird neben Ernährung, Umweltgiften und Herausforderungen durch die Digitalisierung auch das Thema Übermedikalisierung angesprochen.

In dem Kapitel wird beispielsweise angeführt, wie lang die Liste der empfohlenen Impfungen für Kinder in den USA seit Mitte der 1980er-Jahre geworden sei. Gleichzeitig wird kritisiert, dass es an Untersuchungen zu etwaigen Zusammenhängen zwischen Impfstoffen und chronischen Erkrankungen mangele. Bisherige Studiendesigns und die Überwachung der Impfstoffsicherheit seien unzureichend.

ggr

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