Ausland

Vogelgrippe bei Arbeitern in USA blieb teils unerkannt

  • Freitag, 8. November 2024
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Sacramento – Im Zuge des Ausbruchs der hochpathogenen Vogelgrippe bei Milchkühen in den USA haben sich offenbar mehr Landarbeiter angesteckt als bisher offiziell erfasst. Das legen Blutanalysen auf Antikörper nahe, deren Ergebnisse die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) gestern vorstellten (MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2024; DOI: 10.15585/mmwr.mm7344a3).

Aufgrund der Erkenntnisse will die oberste US-Gesundheitsbehörde mehr Vorsicht walten lassen: Die Test- und Behandlungsempfehlungen für Farmarbeiter, die Risikokontakt zu infiziertem Geflügel oder zu Milchkühen hatten, werden ausgeweitet, wie CDC-Experten ankündigten.

Auf eine kürzlich durchgemachte Vogelgrippeinfektion wurde in der Untersuchung bei acht der insgesamt 115 untersuchten Arbeiter (sieben Prozent) anhand von Antikörpern geschlossen. Davon gab nur die Hälfte an, etwa zeitgleich wie die Kühe erkrankt zu sein.

Die andere Hälfte berichtete nicht von einer Erkrankung. Laut den CDC erscheint es aber möglich, dass die Symptome so mild ausfielen, dass sich die Betroffenen zum Zeitpunkt der Befragung nicht mehr erinnerten.

Da die Untersuchung auf Freiwilligkeit beruhte, könnte sie laut CDC nicht repräsentativ für alle Landarbeiter in den USA sein. Die Teilnehmer kamen auch nur aus zwei US-Bundesstaaten.

Möglicherweise sind auch in der rückblickenden Analyse noch weitere Infektionen unentdeckt geblieben: Von den 115 Arbeitern gaben 40 Prozent an, sie hätten sich kurz vor oder während der Zeit des Ausbruchs bei den Kühen auf ihrem Hof krank gefühlt.

Im Blut bestätigte sich dies in den allermeisten Fällen jedoch nicht, obwohl es teilweise stimmige Symptombeschreibungen gab. Das Autorenteam schreibt dazu, dass manche der Menschen mit negativen serologischen Ergebnissen möglicherweise nicht ausreichend Antikörper entwickelten.

Symptome nicht mehr Voraussetzung für Test

Die CDC ziehen Konsequenzen aus den Ergebnissen: Künftig sollen Arbeiter nach Risikosituationen beim Kontakt zu infiziertem Geflügel oder Milchkühen auch dann auf das Virus getestet werden, wenn keine Krankheitsanzeichen vorliegen. Bisher waren dafür neben der Exposition auch Symptome Voraussetzung.

Die Ausweitung der Tests soll helfen, mehr Betroffene zu identifizieren. Man will ihnen auch bei sehr milden oder asymptomatischen Verläufen eine Behandlung mit Tamiflu anbieten und sie isolieren, wenn eine Hochrisikoexposition vorlag und keine adäquate Schutzausrüstung genutzt wurde.

„Die aktive Fallsuche verringert die Wahrscheinlichkeit, dass eine milde Infektion zu einer schweren wird oder dass weitere Menschen angesteckt werden“, sagte Nirav D. Shah, der Principal Deputy Director der CDC. „Je weniger Spielraum wir dem Virus geben, desto geringer sind die Chancen, dass es Schaden anrichtet oder sich verändert.“

Shah kündigte außerdem an, dass die Empfehlungen zum Tragen von Schutzausrüstung aktualisiert würden, mit einem Fokus auf Hinweisen zu den als besonders riskant eingeschätzten Tätigkeiten in Tierhaltungen.

Dazu scheint laut der CDC-Untersuchung neben dem Melken selbst das Reinigen des Melkstandes zu gehören. Die Befragung der Arbeiter ergab auch: Schutzbrillen und -masken wurden wenig genutzt.

Nach CDC-Angaben gibt es weiterhin keine Hinweise auf Mensch-zu-Mensch-Übertragungen von Vogelgrippe in den USA. Es wird bei den bisherigen Fällen in diesem Jahr von voneinander unabhängigen Übertragungen von Geflügel oder Milchkühen auf den Menschen ausgegangen, nur ein Fall ist bisher ungeklärt.

Bisher wurden mehr als 300 Menschen getestet

Offiziell wurden seit dem ersten Fall im Frühjahr inzwischen 46 Vogelgrippeinfektionen bei Menschen in den USA erfasst. Die aktuellen Antikörpernachweise führen nicht zu einer Zählung in dieser Statistik.

Angesichts der relativ eng gefassten Testkriterien wurde sehr gezielt getestet: Nach CDC-Angaben waren es mehr als 300 Menschen nach Kontakt zu infizierten Tieren auf Vogelgrippe.

Allein die Zahl der Herden von Milchvieh, bei denen das Virus seit dem Frühjahr nachgewiesen wurde, liegt mit 443 (in 14 US-Bundesstaaten) deutlich höher. Die Ausbrüche bei Geflügel kommen noch hinzu, und gerade das Keulen dieser teils riesigen Bestände stellt für Arbeiter eine sehr riskante Situation dar.

Die Reaktion der USA auf den Ausbruch hatten Experten mehrfach als zu halbherzig kritisiert. Als ein Grund für das zögerliche Verhalten galt auch die US-Präsidentschaftswahl, die vor wenigen Tagen nun der Republikaner Donald Trump für sich entschieden hat. Daten wie die nun vorgestellten waren lange erwartet worden.

ggr

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