Ein Drittel der Studienanfänger mit Depressionen oder Angststörungen

Oxford – Etwa ein Drittel der Universitätsstudenten im ersten Studienjahr hat oder entwickelt mittelschwere bis schwere Angstzustände oder Depressionen. Das berichtet ein Forschungsteam um die Psychologin Kiera Louise Adams von der Universität in Oxford in der Fachzeitschrift BMJ Open (DOI: 10.1136/bmjopen-2020-047393).
Die Arbeitsgruppe wertete Stichprobe von Studienanfängern an, die 2018 an einer großen öffentlichen Universität in Kingston, Ontario, Kanada, eingeschrieben waren. Die Umfrage wurde zwei Wochen nach Beginn des ersten Semesters im September 2018 und erneut zwei Wochen vor Beginn der Prüfungsphase im März 2019 angeboten.
Die Befragten machten dabei unter anderem Angaben zu potenziell einflussreichen Faktoren für ihre psychische Gesundheit: elterliche Erziehung, frühe Lebensumstände wie Scheidung und sexueller/ physischer/ emotionaler Missbrauch sowie das frühere Auftreten von Stimmungs- und Angststörungen.
Die Forscher wollten herausfinden, welche Faktoren die Genesung von Studenten vorhersagen könnten, die ihr Studium mit mäßigen bis schweren Angstzuständen und/oder depressiven Symptomen beginnen, und welche Faktoren das Auftreten dieser Symptome bei Studenten im 1. Studienjahr ohne bestehende Angstzustände und Depressionen vorhersagen könnten.
3.029 Studierende nahmen an der ersten Befragungsrunde teil, 1.952 an der zweiten. Die Prävalenz klinisch signifikanter Angst- und depressiver Symptome unter den Befragten lag zu Beginn des Studienjahres 2018 bei 32 beziehungsweise 27 Prozent. Diese Zahlen waren bis März 2019 auf 37 Prozent und 33 Prozent angestiegen.
Die Analyse der Faktoren, die mit der Genesung in Zusammenhang stehen, ergab, dass Studierende mit einer Vorgeschichte von internalisierenden Störungen zu Beginn ihres Studiums eine fast vier Mal so hohe Wahrscheinlichkeit hatten, sich nicht von signifikanten Angst-/Depressionssymptomen zu erholen, wie diejenigen, die keine solche Vorgeschichte hatten.
Studierende, die sich mit dem Universitätsleben und ihren Kommilitonen verbunden fühlten, hatten jedoch eine höhere Wahrscheinlichkeit, sich von Depressionen und Angstzuständen zu erholen.
Was die Faktoren anbelangt, die mit dem Auftreten von Angst/Depression im ersten Jahr in Verbindung stehen, so war jeder Anstieg der Verbundenheitsskala um einen Punkt mit einer um zehn beziehungsweise sechs Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit verbunden, Depressionen und Angstsymptome zu entwickeln. Allerdings war ein zunehmender Drogenkonsum stark mit einem erhöhten Risiko verbunden.
„Mäßige bis schwere Angstzustände und depressive Symptome sind bei Studierenden zu Beginn des Studiums weit verbreitet und bleiben auch im ersten Jahr bestehen. Die Einbindung in die Universität kann das Risiko anhaltender oder neu auftretender Symptome mindern, während Drogenkonsum diese Risiken zu erhöhen scheint“, ziehen die Autoren ein Fazit.
Sie schränken aber ein, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, welche die Kausalität nicht klärt. „Und die Ergebnisse sind möglicherweise nicht in größerem Umfang auf andere Universitäten in anderen Ländern übertragbar“, so die Arbeitsgruppe.
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