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Forscher erklären „sechsten“ Geschmacksinn für Salmiakpastillen

  • Freitag, 13. Oktober 2023
/M. Schuppich, stock.adobe.com
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Los Angeles – US-Forscher haben herausgefunden, wie die Zunge Ammonium/Ammoniak schmeckt und dadurch viele Lebewesen vor dem Verzehr von faulem Fleisch warnt, während der Aromastoff in konzen­trierter Form den Geschmack von Salmiakpastillen mit erklärt, die vor allem in skandinavischen Ländern beliebt sind.

Laut dem Bericht in Nature Communications (2023; DOI: 10.1038/s41467-023-41637-4) diffundiert Ammoniak in die Sinneszellen für die Geschmacksnote „sauer“ und öffnet dort von innen einen Membrankanal für Protonen.

Ammonium (NH4) und sein Gas Ammoniak (NH3) sind Abbauprodukte von Aminosäuren. Für einige Lebe­wesen wie die Fruchtfliege weist Ammonium/Ammoniak in niedriger Konzentration auf Nahrung hin. Stechmücken solle ihren Sinneszellen für Ammonium/Ammoniak zur Ortung der Haut ihrer Opfer nutzen.

Für die meisten höheren Lebewesen einschließlich des Menschen ist Ammonium/Ammoniak dagegen ein Warnhinweis auf verfaulte organische Substanzen, die sie besser nicht essen sollten. Eine Ausnahme bilden die Liebhaber von Salmiakpastillen, für die die einzigartige Kombination aus bitter, salzig und leicht sauer ein Genuss ist.

Bisher war nicht bekannt, wie die Geschmacksrichtung Ammonium/Ammoniak entsteht. Emily Liman von der Universität von Kalifornien in Los Angeles vermutete wegen der leicht sauren Geschmacks­note, dass Ammonium/Ammoniak auf der Zunge die Rezeptorzellen vom Typ III stimuliert, die für die Wahrnehmung der Geschmacksnote „sauer“ zuständig sind.

Die Forscherin hatte vor einigen Jahren entdeckt, dass „sauer“ über den Protonenkanal OTOP1 wahrge­nommen wird. Die Wasserstoffionen gelangen über OTOP1 in die Zellen und lösen dort ein Signal aus, das über die Geschmacksnerven ins Gehirn weitergeleitet wird.

Die Moleküle von Ammonium/Ammoniak sind allerdings nicht in der Lage, den Protonenkanal zu passieren und dadurch ein Geschmackssignal auszulösen. Dies geschieht nach den jetzt vorgestellten Ergebnissen auf indirekte Weise.

Nach der Säure-Basen-Theorie von Brønsted-Lowry befinden sich Ammonium (NH4) und sein Gas Ammoniak (NH3) in einem Gleichgewicht. NH3 kann dabei ein Wasserstoffion (Proton) an NH4 abgeben. NH3 kann im Gegensatz zu NH4 durch die Zellmembranen diffundieren. Innerhalb der Zellen verbindet sich NH3 wieder mit einem Wasserstoffion.

Da dies nicht in ausreichender Menge vorhanden ist, wird es von außen durch den Protonenkanal OTOP1 in die Zellen „gesaugt“. Dies wiederum löst nach den Ergebnissen der Studie die leicht saure Geschmacksnote aus.

Das Forscherteam konnte dies durch eine Reihe von Experimenten belegen. So verloren genetisch modifizierte Mäuse den Ekel vor Ammonium/Ammoniak, wenn ihnen das OTOP1-Gen fehlte oder der Kanal infolge einer Mutation verschlossen blieb.

rme

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