Rauchpräventionsprojekt soll Grundschüler vor Sucht schützen

Berlin – Erste Erfahrungen mit E-Zigaretten werden oftmals schon im Kindesalter gesammelt. Deswegen setzt ein neues Präventionsprojekt in Berlin nun bereits in Grundschulen an. Workshops sollen Zehn- und Elfjährigen helfen, langfristig rauchfrei zu bleiben. Das Vorhaben namens „nachvorn“ ist im November 2023 an ersten Schulen in der Hauptstadt angelaufen und am heutigen Mittwoch an der Charité vorgestellt worden.
„Bei unseren ersten Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern wurde deutlich, dass es bereits unter Jüngeren einen richtigen Hype um diese Produkte gibt“, sagte Projektkoordinatorin Marina Hinßen. Ursprünglich sei geplant gewesen, in siebten Klassen anzusetzen. Bei Umfragen habe sich jedoch gezeigt, dass die ersten Erfahrungen mit Zigaretten und Vapes durchschnittlich mit 11,5 Jahren gemacht würden.
Besonders beliebt sind E-Zigaretten. Dem DAK-Präventionsradar zufolge hat rund jedes vierte Schulkind schon einmal Erfahrungen mit Vapes gemacht. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Die Verfügbarkeit von Zigaretten und E-Zigaretten im Elternhaus, der unkontrollierte Zugang im Kiosk oder „Späti“ und die Bewerbung in den sozialen Medien durch namhafte Influencer könnten Kinder schon früh zum Ausprobieren verführen, so die Projektkoordinatorin.
„Anders als Tabakzigaretten sind Vapes bunt, riechen angenehm und schmecken süß“, erläuterte Hinßen weiter. Für viele Experten gelten E-Zigaretten als erster Schritt auf dem Weg zum regelmäßigen Konsum von Tabakzigaretten.
„Auch E-Zigaretten und andere alternative Rauchprodukte bergen Gesundheitsrisiken, da beim Verdampfen gesundheitsschädliche, teils krebserzeugende Stoffe in den Körper gelangen“, erläuterte Volkmar Falk, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums der Charité und Schirmherr des Projekts.
Die Nikotingehalte können laut Falk stark variieren – es gebe solche mit einem Gehalt, der 20 herkömmlichen Zigaretten entspreche. Wer einmal abhängig sei, der komme schwer wieder davon los. Riskant sei insbesondere ein Rauchstart in jungem Alter.
„Die neuen Zahlen zum Rauchen und die prognostizierten Gesundheitsfolgen sind ein klares Signal, wie notwendig unser Präventionsprojekt ist“, betonte Gertraud Stadler, Leiterin des Projekts und des Arbeitsbereichs Geschlechterforschung in der Medizin (GiM) an der Charité. „Je früher Kinder und Jugendliche mit dem Rauchen beginnen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie abhängig werden und noch als Erwachsene regelmäßig rauchen werden“.
In drei Workshops sollen die Kinder die Gesundheitsrisiken des Rauchens kennenlernen und in ihrem Selbstvertrauen und Problemlösungskompetenz gestärkt werden. Das Projekt setzt nicht auf reine Wissensvermittlung, sondern wählt etwa mit Experimenten und Kreativwettbewerb einen spielerischen Ansatz. Ziel ist die Motivation zu einem rauchfreien Leben. Dafür lieferten Vorbilder aus Sport, Film und sozialen Medien auch Videobotschaften.
„Gruppendruck ist ein wichtiges Thema“, sagte Hinßen. „Wir vermitteln, wie es gelingt, das zu tun, was sich richtig anfühlt – und nicht das, was andere wollen oder die Werbung als vermeintlich cool darstellt.“
Bis Mitte 2025 sollen den Angaben zufolge mindestens 1.500 Schulkinder erreicht werden – vor allem in Regionen Berlins mit hoher Kinderarmut, in denen viele Kinder zu Hause nicht primär Deutsch sprächen, sagte Hinßen.
Die 26 bisher teilnehmenden Schulen sind demnach in Mitte, Reinickendorf, Spandau und Neukölln, eine Ausweitung auf Friedrichshain-Kreuzberg sei geplant. Befragungen in der Zukunft sind vorgesehen, um Effekte der Workshops zu untersuchen.
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