Hochschulen

Streit nach Finanzkrise beim Jenaer Uniklinikum

  • Montag, 22. Juli 2024
/picture alliance, Bodo Schackow
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Jena – Die Finanzmisere des Jenaer Universitätsklinikums sorgt weiterhin für kontroverse Debatten in Thürin­gen. Die CDU-Fraktion spricht sich für eine gemeinsame Sondersitzung der Landtagsausschüsse für Gesund­heit und Wirtschaft zur wirtschaftlichen Lage von Thüringens einziger Uniklinik aus.

Die Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen verweist indes darauf, dass auch die Finanzlage der anderen Kliniken im Land „desaströs“ sei.

Beim Uniklinikum zeige sich im Großen, womit andere Thüringer Krankenhäuser seit Jahren zu kämpfen hätten, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl. „Wir haben eine veritable Klinikkrise.“

In der geforderten Sondersitzung solle die Landesregierung unter anderem erklären, seit wann ihr die wirt­schaftlichen Probleme des Uniklinikums bekannt seien und welche Auswirkungen auf den Landeshaushalt zukommen. „Rot-Rot-Grün hat eine komplette Wahlperiode in der Gesundheitspolitik verspielt und sitzt beim Thema Krankenhausreform im gleichen Schlafwagen wie Bundesgesundheitsminister Lauterbach.“

Die FDP im Landtag unterstützt nach eigenen Angaben das Ansinnen der CDU. Der FDP-Gesundheitspolitiker Robert-Martin Montag sagte, die finanziellen Reserven seien aufgebraucht, weil das Klinikum die Neuinves­titio­nen in der Vergangenheit größtenteils selbst getragen habe.

Der Linke-Landesvorsitzende Christian Schaft warf indes der CDU Panikmache vor: „Der Krankenhausbetrieb und die Versorgung durch das Uniklinikum sind sicher. Das Gesetz ist da ganz klar. Die Finanzierung ist übers Land gesichert.“

Über die konkreten Fragen seien alle Stellen des Landes und das Klinikum in Gesprächen. Die CDU sollte auf­hören, Unsicherheit zu verbreiten und mit den Ängsten der Menschen zu spielen, um Stimmen zu sammeln.

Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) warf der Landtagsopposition von CDU und FDP Wahlkampfpopulismus vor. Bisher hätten sich CDU und FDP dem Prozess zur Krankenhausplanung vollständig verweigert, sagte Werner. „Initiativen für höhere Investitionen habe ich nicht wahrgenommen.“ Einzig der Einsatz des CDU-Fraktionschefs Mario Voigt für ein Krankenhaus in seinem Wahlkreis steche hervor.

Rot-Rot-Grün habe bei der Gesundheitsversorgung eine ganze Reihe von Baustellen übernommen. Werner verwies unter anderem auf die seit 2012 bei 50 Millionen Euro eingefrorene Krankenhaus-Investitionsförde­rung. Inzwischen sei die Investitionsförderung schrittweise auf 75 Millionen Euro angehoben worden, was eine Erhöhung von 50 Prozent bedeute. Seit 2022 sei eine halbe Milliarde Euro an Strukturmitteln bewilligt worden, um die Thüringer Krankenhäuser fit für die Zukunft zu machen.

Gespräche über Kreditaufnahme und Landeszuschuss

Das Wissenschaftsministerium hat bis spätestens Anfang August weitere Gespräche mit dem Finanzministe­rium angekündigt. Geprüft wird unter anderem die Möglichkeit einer Kreditaufnahme durch das Klinikum in Verbindung mit einem Landeszuschuss.

Das Ministerium will zudem den zuständigen Wissenschaftsausschuss in seiner nächsten Sitzung am 21. Au­gust umfassend über den dann aktuellen Sachstand informieren.

Das Universitätsklinikum in Jena kämpft mit finanziellen Engpässen, da durch höhere Preise etwa für Energie sowie Tarifsteigerungen die Ausgaben stark gestiegen sind. Zugleich ist laut dem Klinikum die Vergütung von Behandlungen in den derzeitigen gesetzlichen Regelungen nicht kostendeckend abgebildet.

Zum Uniklinikum Jena mit 1.400 Betten für die Patientenversorgung gehören 32 Kliniken und Polikliniken und mehr als zwei Dutzend Forschungsinstitute und wissenschaftliche Arbeitsgruppen mit insgesamt knapp 7.000 Beschäftigten.

Kritische Lage erfordert finanzielle Entlastung

Die Landeskrankenhausgesellschaft (LKHG) machte in einem offenen Brief darauf aufmerksam, dass auch die übrigen Thüringer Krankenhäuser seit vielen Jahren zu großen Teilen Kosten für notwendige Investitionen tragen würden. Es werde daher jede Entscheidung begrüßt, die eine Verbesserung der Finanzsituation der Thüringer Krankenhäuser – unabhängig von ihrer Trägerschaft – nach sich ziehe.

Andere Bundesländer hätten zu diesem Zweck bereits erhebliche Sonderprogramme aufgelegt, so der Ver­band. Eine Versorgung der Thüringer ohne eine leistungsfähige Universitätsmedizin sei kaum vorstellbar, eine flächendeckende Versorgung der Patienten ohne die Versorgungskrankenhäuser sei unmöglich.

Der Freistaat hatte angekündigt, aufgrund der schwierigen finanziellen Lage der Krankenhäuser ein Bürg­schaftsprogramm für Kliniken in wirtschaftlicher Not aufzulegen. Vorgesehen ist dafür nach früheren Angaben ein Volumen von 100 Millionen Euro. Das Land will mit den Bürgschaften Kredite absichern, die Kranken­häuser zur Finanzierung von Kostensteigerungen aufnehmen müssten. Die Abstimmungen dazu laufen aber noch.

dpa

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