Studienplatzzusage widerrufen: Universität Frankfurt und Land Hessen unter Druck

Frankfurt am Main – Nach dem Widerruf von mehr als 280 Studienplatzzusagen geraten die Goethe-Universität und das Land Hessen unter Druck. Die SPD-Landtagsfraktion forderte gestern eine Entschuldigung, finanzielle Entschädigung und einen Plan, wie die Betroffenen doch noch einen Studienplatz für Medizin oder Zahnmedizin bekommen können.
„Was die Universität als bedauerliches Versehen beschreibt, ist tatsächlich eine Katastrophe, die das Zeug dazu hat, die berufliche Zukunft von 282 jungen Menschen zu vernichten“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Daniela Sommer. Die Betroffenen seien durch die Panne komplett aus dem bundesweiten Vergabesystem herausgefallen – sie hätten keine Chance mehr, als Nachrücker in einer anderen Stadt einen Studienplatz zu bekommen.
„Das hessische Wissenschaftsministerium muss gemeinsam mit der Stiftung für Hochschulzulassung einen Weg finden, alle rechtlichen Ansprüche, die die Betroffenen vor der widerrufenen Studienplatzzusage hatten, wiederherzustellen – insbesondere mit Blick auf deren Position auf der bundesweiten Warteliste“, forderte Sommer. Land und Hochschule müssten auch den materiellen Schaden ausgleichen, der für die betroffenen Studienanwärter entstanden ist.
Die Goethe-Universität hatte durch einen Übermittlungsfehler zu viele Nachrückerplätze an die Stiftung für Hochschulzulassung gemeldet. Die Stiftung vergibt bundesweit die Studienplätze in diesen Fächern. Damit bekamen 251 Bewerber für Medizin und 31 Bewerber für Zahnmedizin eine Zusagen, die später per Rücknahmebescheid widerrufen wurde.
Eine Betroffene hat eine Onlinepetition gestartet. „Uns wurde der Boden unter den Füßen weggerissen“, heißt es in dem Aufruf, den bis gestern mehr als 23.000 Menschen unterzeichnet haben. In der Petition wird gefordert, „dass umgehend weitere Studienplätze für die bereits fehlerhaft erfolgten Zulassungen geschaffen werden“.
„Die Betroffenen brauchen nun eine schnelle und möglichst unbürokratische Lösung, damit sie kurzfristig das Medizinstudium aufnehmen können“, forderte Pauline Graichen als Vorsitzende des Sprecherrats der Medizinstudierenden im Marburger Bund.
Daran müssten alle Beteiligten von Universität, über Landesregierung und Stiftung für Hochschulzulassung umgehend arbeiten. Dabei gehe es um viele Einzelschicksale, denn die Betroffenen hätten Ausbildungen abgebrochen, Wohnungen und Arbeitsverträge gekündigt.
„Wir bitten Sie daher eindringlich um Abhilfe. Auch vor dem Hintergrund des zunehmend dramatischen Ärztemangels muss hier schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden“, mahnte auch die Ärztekammer Hessen. Sie bat die Landesregierung darum, dafür zu sorgen, „dass diese Bewerberinnen und Bewerber zeitnah für das kommende Wintersemester 2022 die Zusage für einen Medizinstudienplatz erhalten“.
Sicher werde es in dieser Ausnahmesituation – auch mit Hilfe der Stiftung für Hochschulzulassung – möglich sein, bei den 36 staatlichen medizinischen Universitäten in Deutschland ausreichende Ausweichplätze zu generieren, hieß es von der Kammer. „282 zukünftige Ärztinnen und Ärzte sind auf Ihre Hilfe angewiesen.“
Ein Sprecher der Goethe-Universität sagte, man arbeite „mit Hochdruck mit der Politik und der Stiftung für Hochschulzulassung an einer Lösung“. Der Fehler der Goethe-Universität sei „ein sehr schwerwiegender Vorgang mit teils weitreichenden Folgen“, hieß es im Wissenschaftsministerium.
Da die Hochschule die Zulassung eigenverantwortlich durchführe, sei sie auch für die Konsequenzen verantwortlich. „Das Wissenschaftsministerium erwartet, dass die Hochschule ihre Prozesse insgesamt überprüft und die Stiftung Kontrollmechanismen einführt, damit solche Fehler für die Zukunft vermieden werden.“
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