Universitätsmedizin: Kulturwandel und mehr Klarheit bei Interessenkonflikten

Essen – Der diesjährige 83. Ordentliche Medizinische Fakultätentag (oMFT) in Essen hat sich heute deutlich für mehr Transparenz beim Umgang mit Interessenkonflikten an den Medizinischen Fakultäten ausgesprochen. Dafür gab das Gremium konkrete Handlungsempfehlungen und verabschiedete ein Positionspapier.
Mit diesem möchte der oMFT die Medizinischen Fakultäten anregen, zu einem Kulturwandel im Umgang mit pharmazeutischen Unternehmen, Medizinprodukteherstellern, privaten Klinikbetreibern und weiteren privatwirtschaftlichen Akteuren beizutragen.
Die konsequente Umsetzung von Handlungsempfehlungen sei wichtig, um die Glaubwürdigkeit und hohe Reputation der Medizinischen Fakultäten in der Ärzteschaft und Wissenschaft, bei Lehrenden und Studierenden, aber auch in der Gesellschaft dauerhaft zu erhalten, sagte Christopher Baum, Vorstandsvorsitzender des Berlin Institute of Health (BIH) an der der Charité – Universitätsmedizin und Mitglied des MFT-Präsidiums. „Es ist an der Zeit, dass wir das Thema aufgreifen“, so Baum. Das Positionspapier sei als ein erster „Steinwurf“ zu verstehen.
Die Pharmaindustrie zeigte sich interessiert an hoher Transparenz und offen für neue Regelungen: Interaktionen und Kooperationen von akademischen Einrichtungen und Privatwirtschaft seien essenzielle Komponenten eines patientenorientierten und wertschöpfenden Innovationssystems, betonte Han Steutel, Präsident des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen. „Transparenz ist dabei für unsere Industrie, die auf Erkrankungen von Menschen basiert, besonders wichtig“, erklärte er.
Kooperationen sollten nach Ansicht der Deutschen Forschungsgemeinschaft so gestaltet werden, dass das medizinische Wissen nicht beeinflusst wird, betonte Axel Brakhage, Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ein konstruktiver und transparenter Umgang mit Interessenkonflikten sei notwendig, um anwendungsorientierte Forschung und leitlinienorientierte Krankenversorgung zu befördern.
Best-practice-Beispiele gebe es bereits, sagte Baum dem Deutschen Ärzteblatt und verwies auf die von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und ihren Fachgesellschaften erarbeiteten und konsentierten Regelungen bezüglich der Leitlinien.
Sie könnten dazu beitragen, für alle Beteiligten eine bestmögliche Transparenz, Sicherheit und Kooperationsbasis zu schaffen. Die AWMF hatte 2017 und zuvor auch schon 2010 Empfehlungen zum Umgang mit Interessenkonflikten bei Aktivitäten der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften veröffentlicht.
Das beim diesjährigen oMFT konsentierte Positionspapier gebe nun konkrete Empfehlungen für Studium, Weiter- und Fortbildung, Forschung sowie forschungsnahe Krankenversorgung, erläuterte Baum.
Die Empfehlungen (siehe Kasten) sollen den Medizinischen Fakultäten konkrete Anleitungen geben, wie sie ihre bereits vorhandenen Instrumente zur Transparenz von und zum Umgang mit Interessenkonflikten kontinuierlich weiterentwickeln können. Sie sollen alle drei Jahre überprüft und wenn nötig angepasst werden.
Der oMFT ist davon überzeugt, dass dieser Kulturwandel und die kontinuierliche Weiterentwicklung von entsprechenden Instrumenten notwendig sind, um das hohe Ansehen der Medizinischen Fakultäten nicht nur bei den Patientinnen und Patienten, sondern auch bei den Studierenden weiter zu erhalten und bittet daher die Medizinischen Fakultäten, sich der Thematik und den Empfehlungen anzunehmen.
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