Wirtschaftsforscher empfehlen Studiengebühren nach australischem Modell

Essen – Studiengebühren sind sinnvoll, sollten aber über spezielle Kredite finanziert werden können, deren Rückzahlung sich am späteren Einkommen orientiert. Dieses sogenannte australische Modell empfehlen Wissenschaftler des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und der Australian National University in einer Expertise zum Thema.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Studienkrediten bemisst sich beim australischen sogenannten „income contingent loan“ (ICL) die monatliche Rückzahlung am jeweiligen späteren Einkommen und darf einen festgelegten Einkommensanteil nicht überschreiten.
Auf diese Weise werden übermäßige finanzielle Belastungen der Absolventen vermieden. Zudem sinkt die Zahl derer, die ihren Kredit nicht zurückzahlen können. Modelle dieser Art werden seit mehreren Jahren erfolgreich in Australien und Neuseeland eingesetzt.
Für die Modellrechnungen der Studie haben die Wissenschaftler Studiengebühren von 3.500 Euro pro Jahr über fünf Jahre angenommen. Dies ergibt eine Gesamtsumme von 17.500 Euro. Die Informationen zu den Einkommensverhältnissen männlicher und weiblicher Studienabsolventen in West- und Ostdeutschland lieferte der vom Statistischen Bundesamt erhobene Mikrozensus aus dem Jahr 2007.
Demnach verdienten westdeutsche Absolventen 2007 durchschnittlich am meisten (Bruttojahresgehalt: 51.525 Euro), gefolgt von ostdeutschen Absolventen (33.629 Euro), westdeutschen Absolventinnen (26.930 Euro) sowie ostdeutschen Absolventinnen (24.600 Euro).
Die Berechnungen zeigen, dass Universitätsabsolventen mit durchschnittlichem Verdienst im ersten Jahr der Rückzahlung bei konventionellen Krediten 7,8 bis 14,1 Prozent ihres Bruttoeinkommens für die Abbezahlung hätten aufwenden müssen. In niedrigeren Einkommensgruppen wäre die Belastung bis auf 26,8 Prozent gestiegen.
Im Gegensatz zu konventionellen Krediten basieren die Rückzahlungen bei einkommensabhängigen Krediten wie dem ICL aber auf dem Einkommen. Die Rückzahlung beginnt üblicherweise zwei Jahre nach Studienabschluss, insofern zu diesem Zeitpunkt ein gewisses Einkommen erreicht ist. Die Obergrenze für die Raten ist als Anteil am Einkommen festgeschrieben.
Als Daumenregel gilt, dass nicht mehr als acht Prozent des Bruttoeinkommens für die Tilgung des Kredits aufgewendet werden sollten. Der Staat übernimmt Ausfallgarantien, falls Studenten ihre Kredite nicht zurückzahlen können.
„Als Argument gegen Studiengebühren wird häufig vorgebracht, dass die Furcht, ein zu ihrer Finanzierung aufgenommenes Darlehen später nicht zurückzahlen zu können oder sich finanziell stark einschränken zu müssen, viele Studenten von einem Studium abhalten könnte. Einkommensabhängige Kredite nach dem Vorbild des ICL wären geeignet, potenziellen Studenten diese Furcht zu nehmen“, hieß es aus dem RWI. hil
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