Antikörper Rituximab wirksam gegen NMOSD-Krankheitsschübe

Kyoto – Der auf B-Zellen des Immunsystems wirkende Antikörper Rituximab kann Krankheitsschübe bei neurologischen Autoimmunerkrankungen des Neuromyelitis-optica-Spektrums (NMOSD) verhindern. Das berichten japanische Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Lancet Neurology (DOI 10.1016/S1474-4422(20)30066-1).
Erkrankungen des Neuromyelitis-optica-Spektrums verlaufen in Schüben. Die Sehnerven sind häufig mitbetroffen, was in schweren Fällen zur Erblindung führen kann. Bei Befall des Rückenmarks kommt es zu einer spastischen Lähmung der Beine. Weitere mögliche Symptome sind Sensibilitätsstörungen oder Entleerungsstörungen von Blase und Darm.
Die Zielstruktur, die das Immunsystem bei NMOSD attackiert, ist Aquaporin-4, ein Wasserkanal in der Nervenzellmembran. Bei etwa 80 % der NMOSD-Patienten können Antikörper gegen Aquaporin-4 nachgewiesen werden.
„Bei akuten Schüben werden, ähnlich wie bei der Multiplen Sklerose, hochdosiert intravenöse Steroide gegeben, alternativ kann ein Plasmaaustausch (Plasmapherese) versucht werden. Zur Schubprophylaxe ist seit letztem Jahr der Komplement-Inhibitor Eculizumab zugelassen“, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Allerdings betragen die Jahrestherapiekosten mehrere hunderttausend Euro pro Patient. Der Patient müsse dafür 2 Mal in der Woche Infusionen erhalten.
Off-label wird laut der DGN häufig der Antikörper Rituximab eingesetzt. Zugelassen ist dieser bisher für die Therapie der rheumatoiden Arthritis, von Hodkin-Lymphomen und zur Immunsuppression nach Organtransplantation. Die japanische randomisierte Multicenterstudie liefere jetzt erstmals Daten für die Wirksamkeit von Rituximab und rechtfertige damit den Einsatz dieses Antikörpers zur NMOSD-Schubprophylaxe.
Eingeschlossen wurden 38 AQP-4-Antikörper-positive NMOSD-Patienten im Alter von 16 bis 80 Jahren, die orale Steroide einnahmen und einen EDSS-Behinderungs-Score („Expanded Disability Status Scale“) von maximal 7,0 auf der Skala von 0 (keine Beschwerden) bis 10 (Tod) aufwiesen. Die Einnahme anderer Immunsuppressiva war ein Ausschlusskriterium. 38 Patienten wurden zu gleichen Teilen in 2 Gruppen randomisiert und erhielten entweder Rituximab oder Placebo.
In der Studienzeit von insgesamt 72 Wochen gab es 7 neue Erkrankungsschübe in der Placebo-Gruppe, unter Rituximab dagegen keine. Es gab 8 schwere unerwünschte Ereignisse, 4 davon bei 3 Patienten der Verumgruppe und 4 Ereignisse bei 2 Patienten in der Placebogruppe. Alle Patienten erholten sich davon.
„Trotz der relativ geringen Fallzahl in der Studie zeigte sich Rituximab als ausgesprochen wirksam in der Verhinderung neuer Schübe bei NMOSD und es gab keine beunruhigenden Sicherheitssignale. Die Studie hilft in der Rechtfertigung von Rituximab in dem Standardtherapieschema der NMOSD“, bewertet Heinz Wiendl die Ergebnisse. Wiendl ist Sprecher des Kompetenznetzes Multiple Sklerose und Direktor der Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie an der Westfälischen Universität Münster.
„Vor dem Hintergrund der guten Wirksamkeit ist es besonders erfreulich, dass die Patienten hier auf ein Medikament ansprachen, mit dem in anderen Bereichen schon über mehr als 20 Jahre Erfahrungen gesammelt wurden“, ergänzte Peter Berlit, Generalsekretär der DGN.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: