Blutgerinnsel: EMA sieht kein erhöhtes Risiko durch Coronaimpfungen

Kopenhagen – Das Risiko von Blutgerinnseln erhöht sich nach Einschätzung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) durch eine Coronaimpfung nicht. Nach bisherigen Erkenntnissen sei „die Zahl der thromboembolischen Ereignisse bei geimpften Menschen nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung“, teilte die EMA heute mit.
Zuvor hatten Dänemark und Norwegen den Gebrauch des Astrazeneca-Impfstoffs wegen eines befürchteten Zusammenhangs zwischen einer Impfung und einem Blutgerinnselfall ausgesetzt. Die dänische Gesundheitsbehörde hatte die vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Vakzin von Astrazeneca bekannt gegeben.
Hintergrund seien Berichte über „schwere Fälle der Bildung von Blutgerinnseln“, wie die Behörde mitteilte. Es sei allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob es einen Zusammenhang zwischen den Impfungen und den Gerinnungsstörungen gebe. Kurze Zeit später verkündete auch Norwegen die Aussetzung der Impfungen mit Astrazeneca.
Wie zuvor die Dänen machten auch die Norweger deutlich, dass ein Zusammenhang zwischen Blutgerinnsel und Impfung nicht festgestellt worden sei. Aus Vorsicht unterbreche man die Impfungen mit dem Astrazeneca-Mittel jedoch, während die Untersuchungen liefen, sagte Bukholm. Diese Pause bedeute aber nicht, dass man von Impfungen mit dem Mittel von Astrazeneca in Zukunft abrate. Wie lange die Unterbrechung währen soll, ist unklar. In Dänemark sollen es 14 Tage sein.
Bislang haben rund 122.000 Menschen in Norwegen den Astrazeneca-Stoff erhalten. Sie werden vom FHI gebeten, sich nicht unnötig Sorgen zu machen. Wenn sich ein Zusammenhang zwischen Impfstoff und Blutgerinnsel herausstelle, würde dies eine äußerst seltene Nebenwirkung darstellen, hieß es in einer Behördenmitteilung.
Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin sah heute zunächst keinen Anlass für einen Stopp der Astrazeneca-Impfungen in Deutschland. „Nach jetzigem Stand gibt es noch keine Hinweise darauf, dass der Todesfall in Dänemark mit einer Coronaimpfung ursächlich in Verbindung steht“, erklärte ein Ministeriumssprecher.
Das für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erklärte, es stehe mit der dänischen Arzneimittelbehörde und der EMA in Kontakt und untersuche „die Sachlage“ in Deutschland. Bisher habe die EMA bei ihren Untersuchungen festgestellt, dass die Zahl der Thromboembolien niedriger sei als bei der Zahl von Impfungen zu erwarten wäre.
„Ein direkter Zusammenhang ist nicht richtig vorstellbar, das kann auch Zufall sein“, sagte auch der Infektiologe Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg. „Das ist etwas Außergewöhnliches. Gefäßverschlüsse sind weder in den Zulassungsstudien aufgetaucht noch bei den Impfungen in England, und dort ist man sehr wachsam.“ Allerdings müsse man dem Vorfall nachgehen, sagte Salzberger. „Wenn man ein solches Phänomen sieht, dann muss man das untersuchen, und das tun die Dänen derzeit.“
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte auf Twitter: „Der Impfstoff hätte aus meiner Sicht auf Grundlage eines Falles in Dänemark nicht gestoppt werden sollen.“ Die Schädigung des Vertrauens sei immens. Thrombosen seien eine häufige Folge von COVID-19. Davor schütze der Astrazeneca-Impfstoff. Er bleibe dabei, dass der Impfstoff sicher sei. „Ich würde ihn jederzeit nehmen.“
Astrazeneca gab sich zunächst zurückhaltend. Man sei sich der dänischen Entscheidung bewusst, sagte ein Sprecher des britisch-schwedischen Pharmakonzerns. „Die Sicherheit des Impfstoffs ist in klinischen Phase-III-Studien ausführlich untersucht worden und die von Experten begutachteten Daten bestätigen, dass der Impfstoff generell gut verträglich ist“, hieß es auf Anfrage.
Der Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers Astrazeneca ist seit Januar in der EU zugelassen. In Deutschland und mehreren anderen europäischen Länder war das Vakzin zunächst nur für Menschen unter 65 Jahren zugelassen worden, weil belastbare Daten für die Wirksamkeit bei älteren Menschen zunächst fehlten. Inzwischen wird der Impfstoff aber auch für Senioren empfohlen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: