Medizin

COVID-19: Diabetesrisiko bleibt nach Erkrankung noch einige Zeit erhöht

  • Mittwoch, 20. Juli 2022
/nito, stock.adobe.com
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London – Eine Erkrankung an COVID-19 geht häufig mit kardiometabolischen Komplika­tionen einher. Wäh­rend das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sich schon bald nach dem Ende der Infektion normalisiert, bleibt die Zahl der Neuerkrankungen am Typ-2-Diabetes auch in den ersten Monaten nach dem Ende der akuten Erkrankung erhöht, wie eine Analyse in PLoS Medicine (2022; DOI: 10.1371/journal.pmed.1004052) zeigt.

Die starke Immunreaktion auf die Infektion mit SARS-CoV-2 macht COVID-19 zu einer Multisystemerkrankung. Die Folgen auf das Herz-Kreislauf-System sind bekannt. Zytokin­sturm, Thrombozytenaktivierung, Hyperkoagu­labilität und eine Dysfunktion der Endothel­zellen können einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder auch eine Lungenem­bolie triggern.

Weniger bekannt ist, dass es im Rahmen der Infektion auch zu einer Stress-Hyperglykämie kommen kann. Zu bedenken ist auch, dass Patienten auf Intensivstation mit Glukokortikoiden behandelt werden, die den Blutzucker ansteigen lassen.

Die Folgen zeigten sich in einer Analyse „Clinical Practice Research Datalink“ (CPRD), die die elektronischen Krankenakten von englischen Hausarztpatienten verwaltet. Ein Team um Martin Gulliford hat die Diagnosen von 428.650 Patienten im Jahr vor und nach COVID-19 mit einer Kontrollgruppe gleichen Alters, Geschlechts und Wohnorts verglichen, die nicht an COVID-19 erkrankt waren.

Bei den COVID-19-Patienten gab es schon vor Beginn von COVID-19 mehr Neudiagnosen am Typ-2-Diabetes. Offensichtlich steigert eine frische Diabeteserkrankung das COVID-19-Risiko. Bei Herz-Kreislauf-Erkrankun­gen war ein solcher Trend nicht beobachtet worden.

In den ersten Wochen nach der COVID-19-Diagnose kam es dann jedoch zu einer 6-fachen Zunahme der kardiovaskulären Diagnosen – einschließlich einer 11-fachen Zunahme von Lungenembolien, einer 6-fachen Zunahme von Vorhofarrhythmien und einer 5-fachen Zunahme von Venenthrombosen.

Diese Erkrankungsspitze war allerdings kurz. Schon 4 bis 12 Wochen nach der COVID-19-Diagnose kam es zu einer Abnahme und danach erkrankten die COVID-19-Patienten nicht mehr häufiger als in der Kontrollgruppe an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Ganz anders war die Entwicklung beim Typ-2-Diabetes. Die Zahl der Neuerkrankungen nahm in den 4 Wochen der Akutphase nur um 81 % zu. Die Zahlen blieben allerdings auch 4 bis 12 Wochen nach der Erkrankung noch um 27 % erhöht. Erst danach normalisierte sich das Risiko.

Gulliford vermutet, dass sich die Auswirkungen auf den Glukosestoffwechsel erst mit einer gewissen Verzöge­rung bemerkbar machen oder nicht sofort erkannt werden. Den Patienten rät der Forscher, in der Erholungs­phase körperlich aktiv zu werden und sich gesund zu ernähren, um einen drohenden Typ-2-Diabetes abzu­wenden.

rme

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