Medizin

Diabetesrisiko steigt bei US-Veteranen um 40 % nach SARS-CoV-2-Infektion

  • Freitag, 1. April 2022
/Andrey Popov, stock.adobe.com
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Saint Louis – Immer mehr Studien zeigen, dass COVID-19 das Diabetesrisiko noch Monate nach der Infektion erhöhen kann. Auch die jüngste, umfangreiche Studie mit fast 200.000 Menschen in The Lancet Diabetes & Endocrinology (2022; DOI: 10.1016/S2213-8587(22)00044-4) kommt zu diesem Ergebnis: Bis zu einem Jahr nach einer SARS-CoV-2-Infektion hatten Betroffene ein etwa 40 % höheres Risiko, an Diabetes zu erkranken als nicht Infizierte.

In der postakuten Phase der Erkrankung wiesen Personen mit COVID-19 im Vergleich zur Kontrollgruppe ein erhöhtes Risiko für einen Diabetes auf (Hazard Ratio 1,40, 95-%-Konfidenzintervall (KI) 1,36-1,44).

Zudem stieg die Krankheitslast aufgrund der Diabetesinzidenz um 13,46 zusätzliche Erkrankungen pro 1.000 Personen in einem Jahr (95-%-KI 12,11-14,84). Auch bei der Einnahme von Antihyperglykämika beobachteten die Forschenden ein um 85 % erhöhtes Risiko (1,85, 1,78-1,92). Bei fast allen Fällen ha­ndelte es sich um Typ-2-Diabetes.

Die Höhe des Risikos war abhängig vom Schweregrad der COVID-19-Erkrankung: So stieg die Diabetes-bedingte Krankheitslast bei nicht hospitalisierten Betroffenen um 8,28 zusätzliche Erkrankungen pro 1.000 Personen in einem Jahr im Vergleich zur Kontrollgruppe. In der Gruppe der COVID-19-Patienten, die im Krankenhaus waren, lag die Krankheitslast mit 56,93 (KI 49,38 - 65,12) deutlich darüber und noch höher bei jenen auf der Intensivstation: 89,06 (72,88 - 107,47).

Eine vergleichbare Abhängigkeit konnten die Forschenden für das Diabetesrisiko beobachten. Sie stieg von 25 % bei nicht hospitalisierten Patienten auf 173 % und 276 % bei hospitalisierten beziehungsweise intensivpflichtigen Patienten.

Einige Faktoren erhöhen das Diabetesrisiko zusätzlich

Menschen mit einem hohen Body-Mass-Index (BMI) und einem Risikofaktor für Typ-2-Diabetes hatten ein mehr als doppelt so hohes Risiko, nach einer SARS-CoV-2-Infektion Diabetes zu entwickeln. Ein BMI von mehr als 30 kg/m2 resultierte in 15,17 (12,96 - 17,45) zusätzlichen Erkrankungen auf 1.000 Personen in 1 Jahr nach einer COVID-19-Erkrankung im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Für die Kohortenstudie nutzten die Forschenden die nationalen Datenbanken des US Department of Veterans Affairs (VA). Die untersuchte Kohorte bestand aus 181.280 Teilnehmenden, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2021 einen positiven COVID-19-Test hatten und die ersten 30 Tage überlebten.

Als Kontrolle dienten 4.118.441 Teilnehmende, die im gleichen Zeitfenster in die Datenbank aufgenom­men worden waren und eine weitere Kontrolle von 4.286.911 Menschen, die zwischen dem 1. März 2018 und dem 30. September 2019 Teil der Kohorte wurden. Beide Kontrollgruppen wiesen keine Anzeichen einer SARS-CoV-2-Infektion auf. Keiner der Teilnehmenden hatte zuvor eine diagnostizierte Diabetes­erkrankung.

Diese Pandemie werde „ein Erbe chronischer Krankheiten“ hinterlassen, auf die Gesundheitssysteme nicht vorbereitet sind, vermutet einer der beiden Autoren der Studie, Ziyad Al-Aly vom VA Saint Louis Gesundheitsfürsorgesystem.

In früheren Studien hatte das Autorenduo bereits mit einer ähnlichen Methode gezeigt, dass COVID-19 das Risiko von Nierenerkrankungen, Herzversagen und Schlaganfall erhöht (Journal of American Society of Nephrology, 2021; DOI: 10.1681/ASN.2021060734, Nature Medicine, 2022, DOI: 10.1038/s41591-022-01689-3). Im Deutschen Ärzteblatt wurde darüber berichtet.

Auch eine Studie aus Deutschland hatte kürzlich ein um 28 % erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes nach einer milden COVID-19 ermittelt.

Einige Störfaktoren könnten das beobachtete Ausmaß der US-Daten jedoch schmälern. Denn, ob sich die Ergebnisse auf andere Personengruppen übertragen lassen, ist nicht sicher. Bei den US-Veteranen in der Studie handelte es sich zumeist um ältere, weiße Männer. Viele hätten einen erhöhten Blutdruck und sei­en zudem übergewichtig, was mit einem höheren Diabetesrisiko einhergehe, erklärte der Epidemiologe Gideon Meyerowitz-Katz von der Universität Wollongong in Australien.

Es könne auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass einige Menschen in der Kontrollgruppe unent­deckt leichte oder asymptomatische COVID-19-Infektionen hatten, fügte Al-Aly hinzu.

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