COVID-19: Diabetiker und Krebspatienten haben deutlich erhöhtes Sterberisiko

Nantes und Nashville − Krebs und Diabetes gehören zu den Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von COVID-19. Laut einer Studie aus Frankreich in Diabetologia (2020; DOI: 10.1007/s00125-020-05180-x) starb jeder zehnte COVID-19—Patient mit Diabetes innerhalb der ersten 7 Tage nach Aufnahme in der Klinik.
Die Gefährdung von Krebspatienten könnte nach einer US-Studie im Lancet (2020; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)31187-9) noch größer sein.
Schon in den ersten Berichten aus China war aufgefallen, dass unter den COVID-19-Patienten überdurchschnittlich viele Diabetiker waren und dass die Erkrankung bei ihnen häufiger tödlich verlief. Französische Diabetologen haben nach ersten Fällen rasch reagiert. Die CORONADO-Studie („COVID-19 and Diabetes Outcomes“) sollte nach den Ursachen für die erhöhte Anfälligkeit ihrer Patienten suchen.
An der Studie beteiligten sich landesweit 53 Kliniken. Dort wurden zwischen dem 10. und 31. März insgesamt 1.317 Diabetiker mit COVID-19 aufgenommen, die meisten mit Typ-2-Diabetes. Wie in China kam es häufig zu schweren Krankheitsverläufen. Bertrand Cariou von der Universität Nantes und Mitarbeiter berichten, dass 410 Patienten (31,1 %) auf Intensivstation verlegt werden mussten, von denen 267 (20,3 %) intubiert wurden, 140 Patienten (10,6 %) starben innerhalb von 7 Tagen nach Aufnahme in der Klinik an den Folgen der Erkrankung.
Der wichtigste Risikofaktor für eine Intubation oder einen tödlichen Ausgang (die Kombination aus beidem bildete den primären Endpunkt) war neben dem Alter ein erhöhter BMI. Die Odds Ratio für einen BMI von über 30 kg/m2 erreicht laut Abbildung 1 Werte von mehr als 5. Die Adipositas scheint dabei in erster Linie das Risiko auf eine Intubation zu erhöhen. Beim Endpunkt Tod war die Odds Ratio deutlich geringer.
Anders als erwartet hatte die Blutzuckereinstellung kaum Einfluss auf die beiden Endpunkte. Für den Blutzuckerlangzeitwert HbA1c war kein erhöhtes Risiko nachweisbar. Beim aktuellen Blutzucker stieg das Risiko mit hohen Blutzuckerwerten an. Der akute Anstieg des Blutzuckers könnte jedoch auch Folge der akuten Erkrankung gewesen sein.
Auch die Blutzuckermedikamente scheinen das Risiko nicht zu beeinflussen. Vielleicht mit Ausnahme von Insulin, dessen Einfluss allerdings bei einer Multivariat-Analyse verschwand. Auch andere Medikamente einschließlich der Mittel, die das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System beeinflussen (also ACE-Hemmer, Sartane und Spironolacton/Eplerenon), hatten keine Auswirkungen auf den Verlauf der Erkrankung.
Patienten mit diabetischen Spätkomplikationen hatten dagegen ein deutlich erhöhtes Sterberisiko. Dies traf sowohl auf Mikroangiopathie und Makroangiopathie als auch auf Endorganschäden an Nieren oder Herz zu. Betroffen waren vor allem Patienten mit Typ- 2-Diabetes. Patienten mit Typ-1-Diabetes scheinen eine Infektion mit SARS-CoV-2 eher zu verkraften. In dieser Gruppe gab es laut Cariou keinen einzigen Todesfall.
Auch Krebspatienten haben ein erhöhtes Sterberisiko, wenn sie an COVID-19 erkranken. Von den 1.035 Patienten des CCC19-Registers („COVID-19 and Cancer Consortium“) sind in den ersten 30 Tagen 121 (13 %) gestorben.
Die wichtigsten unabhängigen Risikofaktoren waren nach den Berechnungen eines Teams um Jeremy Warner vom Ingram Cancer Center in Nashville ein erhöhtes Alter (Odds Ratio 1,84 pro 10 Jahre), männliches Geschlecht (Odds Ratio 1,63), Tabakrauchen (Odds Ratio 1,60), die Anzahl der Komorbiditäten (Odds Ratio 4,50 bei mindestens 2 Begleiterkrankungen), ein eingeschränkter Allgemeinzustand (Odds Ratio 3,89 für einen ECOG-Status von 2) und eine progressive Krebserkrankung (Odds Ratio 5,20).
Dagegen wirkten sich weder eine Krebsoperation noch eine Chemotherapie negativ auf den Verlauf der Erkrankung aus. Es gibt deshalb laut Warner bei einer SARS-CoV-2-Infektion keinen Grund, auf notwendige Krebsbehandlungen zu verzichten. Diese Empfehlung gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass eine Register-Analyse nur sehr begrenzt Rückschlüsse auf die Sicherheit einer Behandlung zulässt.
Bei einer schweren COVID-19 dürften die meisten Intensivmediziner in der Regel auf alle nicht unmittelbar lebensnotwendigen Behandlungen verzichten.
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