Medizin

COVID-19: Gute Ergebnisse mit Dreifachkombination bei milden Erkrankungen

  • Montag, 11. Mai 2020
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Hongkong − Eine Kombinationsbehandlung mit Interferon beta-1b, Lopinavir/Ritonavir und Ribavirin, die alle 3 in Laborexperimenten gegen Betacoronaviren wirksam waren, hat in einer offenen Phase-2-Studie bei Patienten im Anfangsstadium einer COVID-19-Erkrankung gegenüber einer Monotherapie mit Lopinavir/Ritonavir die Dauer der Virusausscheidung deutlich verkürzt und auch die Symptome gelindert, wie aus den im Lancet (2020; doi: 10.1016/S0140-6736(20)31042-4) veröffentlichten Ergebnissen hervorgeht.

Da die Entwicklung von Medikamenten gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 noch längere Zeit dauern dürfte – wenn sie überhaupt gelingt– , wird derzeit untersucht, ob für andere Viruserkrankungen entwickelte Medikamente bei COVID-19 wirksam sind. Die bekanntesten Beispiele sind das Ebolamittel Remdesivir, das in Japan zugelassene Grippemittel Favipiravir und das Malariamittel Chloroquin.

Ein Team um Kwok-Yung Yuen von der Universität Hongkong hat sich daran erinnert, dass sie beim ersten SARS-Virus gute Erfahrungen mit dem HIV-Mittel Lopinavir-Ritonavir (einem Protease-Inhibitor) und dem früheren Hepatitis C-Mittel Ribavirin (einem Nukleosid-Analogon) gemacht hatten. Damals gelang es, die Rate der schweren SARS-Erkrankungen (Lungenversagen oder Tod) von 28,8 auf 2,4 % zu senken, wenn auch nur im Vergleich zu einer historischen Vergleichsgruppe (Thorax 2004; 59: 252-256).

Jetzt haben die Mediziner die Kombination um eine dritte Komponente erweitert. Interferon beta 1b hat in einem Tiermodell der dritten schweren Coronaerkrankung MERS eine günstige Wirkung erzielt, später aber in Kombination mit Ribavirin bei Patienten mit MERS nicht überzeugt.

In einer Phase-2-Studie wurden zwischen dem 10. Februar und dem 20. März an 6 Krankenhäusern in Hongkong 127 Patienten über 14 Tage entweder mit einer Dreifach­kombination aus Lopinavir/Ritonavir (400mg/100mg alle 12 Stunden) und Ribavirin (400mg alle 12 Stunden) und Interferon Beta-1b (maximal 3 Injektionen von 8 Mio. IE), oder mit einer Monotherapie aus Lopinavir/Ritonavir behandelt.

Wichtiges Einschlusskriterium für die Gabe von Interferon (und damit für die Dreier­kombination) war eine Symptomdauer von maximal 7 Tagen.

Das Ziel der Therapie war neben der Vermeidung von Komplikationen vor allem eine Verkürzung der Erkrankung. Wie Kwok-Yung berichtet, konnte die Dauer bis zum ersten negativen Nasopharynx-Abstrich (primärer Endpunkt der Studie) unter der Dreifach­therapie auf median 7 Tage verkürzt werden gegenüber median 12 Tagen in der Kontroll­gruppe. Die Hazard Ratio von 4,37 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,86 bis 10,24) hoch signifikant.

Auch die klinische Erholung wurde beschleunigt. Ein NEWS2-Score („National Early Warning Score“) von 0, der einer kompletten Symptomfreiheit entspricht, wurde in der Kombinationsgruppe nach median 4 Tagen gegenüber 8 Tagen in der Kontrollgruppe erreicht (Hazard Ratio 3,92; 1,66 bis 9,23). Ein SOFA-Score („Sequential Organ Failure Assessment“) von 0 (keine nachweisbare Organfunktionsstörung) wurde nach 3 versus 9 Tagen erreicht (Hazard Ratio 1,89; 1,03 bis 3,49). Die Patienten konnten die Klinik nach 9,0 versus 14,5 Tagen verlassen (Hazard Ratio 2,72; 1,2 bis 6,13).

Die Patienten waren zu Beginn der Studie nur leicht erkrankt (NEWS2 median 2 und SOFA 0). In beiden Gruppen konnte ein schwerer Krankheitsverlauf vermieden werden. Nur eine Patientin, eine 96 Jahre alte Frau in der Kontrollgruppe, musste intubiert und maschinell beatmet werden. Sie überlebte wie alle anderen Patienten auf den beiden Gruppen.

Die Dreifachkombination hat sich lau Kwok-Yung als sicher und gut verträglich erwiesen. Die Aussagekraft der Studie ist allerdings begrenzt, da keine schwer kranken Patienten behandelt wurden. Zu den Schwächen, auf die Sarah Shalhoub von der Schulich School of Medicine and Dentistry in London/Kanada hinweist, gehören auch die geringe Fallzahl und das offene Design der Studie.

Die Ärzte wussten, welche Medikamente sie gaben, was zu einer Ungleichverteilung der Patienten auf die Gruppen führen könnte. Ob die Behandlung auch bei schwer erkrank­ten Patienten wirksam ist, lässt sich laut der Editorialistin nicht aus den Ergebnissen ablesen. Dies sollte jetzt in weiteren Studien untersucht werden.

rme

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