Medizin

COVID-19: Impfverweigerung korreliert mit Kindheitstrauma

  • Mittwoch, 2. Februar 2022
/alexandra, stock.adobe.com
/alexandra, stock.adobe.com

Bangor/Wraxham – Menschen, die in ihrer Kindheit mindestens 4 Arten von Traumata erlebt haben, zö­gern 3 Mal so häufig, sich impfen zu lassen, als jene ohne Traumataerfahrungen. Diese Korrelation fan­den Forschende in einer landesweiten repräsentativen Umfrage unter mehr als 2.200 Erwachsenen in Wales. Die Ergebnisse wurden in BMJ Open publiziert (2022; DOI: 10.1136/ bmjopen-2021-053915).

Einige Studien deuten darauf hin, dass Misshandlungen in der Kindheit das späteres Vertrauen untergra­ben können, auch in das Gesundheitswesen und andere öffentliche Dienste. Eine Telefonumfrage sollte Aufschluss darüber geben, ob Traumata mit dem aktuellen Vertrauen in das Gesundheitssystem, dem Ein­halten von COVID-19-Beschränkungen und der Impfskepsis zusammenhängen.

Im Befragungszeitraum zwischen Dezember 2020 und März 2021 waren Beschränkungen zur Eindäm­mung der Ausbreitung der COVID-19-Infektion in Kraft gewesen.

Gut die Hälfte (52 %, n =1.185) der Befragten gab an, dass sie kein Kindheitstrauma erlebt hatten. Etwa jeder 5. hatte eine Art von Trauma erlebt, etwa jeder 6. hatte laut eigenen Aussagen 2 bis 3 verschiedene Arten von Traumata erlebt und jeder 10. Befragte (n = 235) berichtete von 4 oder mehr Traumata.

Befragte, die wenig oder gar kein Vertrauen in die COVID-19-Informationen des National Health Service (NHS) hatten und staatliche Einschränkungen als sehr ungerecht empfanden, sprachen sich eher für die sofortige Aufhebung der Vorschriften zur sozialen Distanzierung und zur obligatorischen Gesichtsbe­deckung aus (etwa 4 % versus 30 %).

Zudem berichteten 42,11 % der Befragten, die ein geringes Vertrauen in die COVID-19-Informationen des NHS hatten, dass sie zögern würden, sich impfen zu lassen. Hingegen fanden sich unter den Impfbefür­wortern nur knapp 6 %, die dieser Informationsquelle misstrauen. Außerdem gaben sie häufiger an, die Vorschriften gelegentlich missachtet zu haben als jene, die den NHS-Informationen vertrauten (42,11 % versus 24,86 %).

Ebenfalls 42,11 % derjenigen, die den NHS-COVID-19-Informationen nicht vertrauten, gaben zu, die Vor­schriften gelegentlich zu missachten. Jene, die dem Gesundheitssystem vertrauten, hielten sich zu fast 25 % gelegentlich nicht an die Coronaregeln.

Je mehr Kindheitstraumata, je weniger Vertrauen

Einen Zusammenhang entdeckten die Forschenden auch bei zunehmenden Kindheitstraumata und einem geringen Vertrauen in die NHS-COVID-19-Informationen, dem Gefühl, dass die staatlichen Be­schrän­kungen unfair sind, dass man sich diesen gelegentlich wiedersetze und dem Wunsch nach einer Abschaffung der obligatorischen Gesichtsbedeckung. Wer sich gegen eine obligatorische Gesichtsbe­deckung positionierte gab in der Telefonumfrage auch 4 Mal häufiger an mindestens 4 Arten von Kind­heits­traumata erlebt zu haben, im Vergleich zu jenen, die keine Traumataerfahrungen erlebt hatten (14,04 % versus 3,46 %).

Auch die Zahl der Impfgegner nahm mit Zunahme der verschiedenen Arten von Traumata zu: Unter den­jenigen, die angaben, keine Kindheitstraumata erlebt zu haben, zögerten fast 5 % sich impfen zu lassen. Unter jenen mit einer Art von Traumata, waren es gute 7 %, bei 2 bis 3 Arten von Traumata gute 10 % und jene, die 4 oder gar mehr Arten von Traumata in ihrer Kindheit erlebt hatten, äußerten sich in 19,15 % der Fälle skeptisch gegenüber Impfungen. Die adjustierte Odds-Ratio für eine Impfskepsis bei mindes­tens 4 Kindheitstraumata im Vergleich zu keinen Traumata betrug 3,11 (Konfidenzintervall 2,00 - 4,82, p<0,001).

Das Alter war ebenfalls mit einer eher impfskeptischen Haltung verbunden. Die Forschenden schätzen, dass das Misstrauen in die COVID-19-Impfung von 3,42 % bei älteren Menschen (≥70 Jahre) ohne Trau­ma­taerfahrungen in der Kindheit reicht bis hin zu 38,06 % Impfskepsis bei jüngeren Befragten (18 bis 29 Jahre) mit 4 oder mehr Traumata.

Die Differenzen wurden unter Berücksichtigung soziodemografischer Faktoren, früherer COVID-19-Infektion oder Langzeiterkrankungen erhoben. Einschränkend geben die Autoren zu bedenken, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt und eine Ursache daher nicht eindeutig festgestellt werden könne.

Die Rücklaufquote lag vergleichbar mit anderen telefonischen Umfragen bei etwa 36 % und die Ergeb­nisse beruhten auf persönlichen Erinnerungen. Frauen waren überrepräsentiert, während Angehörige eth­nischer Minderheiten unterrepräsentiert waren.

gie

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung