COVID-19: Impfverweigerung korreliert mit Kindheitstrauma

Bangor/Wraxham – Menschen, die in ihrer Kindheit mindestens 4 Arten von Traumata erlebt haben, zögern 3 Mal so häufig, sich impfen zu lassen, als jene ohne Traumataerfahrungen. Diese Korrelation fanden Forschende in einer landesweiten repräsentativen Umfrage unter mehr als 2.200 Erwachsenen in Wales. Die Ergebnisse wurden in BMJ Open publiziert (2022; DOI: 10.1136/ bmjopen-2021-053915).
Einige Studien deuten darauf hin, dass Misshandlungen in der Kindheit das späteres Vertrauen untergraben können, auch in das Gesundheitswesen und andere öffentliche Dienste. Eine Telefonumfrage sollte Aufschluss darüber geben, ob Traumata mit dem aktuellen Vertrauen in das Gesundheitssystem, dem Einhalten von COVID-19-Beschränkungen und der Impfskepsis zusammenhängen.
Im Befragungszeitraum zwischen Dezember 2020 und März 2021 waren Beschränkungen zur Eindämmung der Ausbreitung der COVID-19-Infektion in Kraft gewesen.
Gut die Hälfte (52 %, n =1.185) der Befragten gab an, dass sie kein Kindheitstrauma erlebt hatten. Etwa jeder 5. hatte eine Art von Trauma erlebt, etwa jeder 6. hatte laut eigenen Aussagen 2 bis 3 verschiedene Arten von Traumata erlebt und jeder 10. Befragte (n = 235) berichtete von 4 oder mehr Traumata.
Befragte, die wenig oder gar kein Vertrauen in die COVID-19-Informationen des National Health Service (NHS) hatten und staatliche Einschränkungen als sehr ungerecht empfanden, sprachen sich eher für die sofortige Aufhebung der Vorschriften zur sozialen Distanzierung und zur obligatorischen Gesichtsbedeckung aus (etwa 4 % versus 30 %).
Zudem berichteten 42,11 % der Befragten, die ein geringes Vertrauen in die COVID-19-Informationen des NHS hatten, dass sie zögern würden, sich impfen zu lassen. Hingegen fanden sich unter den Impfbefürwortern nur knapp 6 %, die dieser Informationsquelle misstrauen. Außerdem gaben sie häufiger an, die Vorschriften gelegentlich missachtet zu haben als jene, die den NHS-Informationen vertrauten (42,11 % versus 24,86 %).
Ebenfalls 42,11 % derjenigen, die den NHS-COVID-19-Informationen nicht vertrauten, gaben zu, die Vorschriften gelegentlich zu missachten. Jene, die dem Gesundheitssystem vertrauten, hielten sich zu fast 25 % gelegentlich nicht an die Coronaregeln.
Je mehr Kindheitstraumata, je weniger Vertrauen
Einen Zusammenhang entdeckten die Forschenden auch bei zunehmenden Kindheitstraumata und einem geringen Vertrauen in die NHS-COVID-19-Informationen, dem Gefühl, dass die staatlichen Beschränkungen unfair sind, dass man sich diesen gelegentlich wiedersetze und dem Wunsch nach einer Abschaffung der obligatorischen Gesichtsbedeckung. Wer sich gegen eine obligatorische Gesichtsbedeckung positionierte gab in der Telefonumfrage auch 4 Mal häufiger an mindestens 4 Arten von Kindheitstraumata erlebt zu haben, im Vergleich zu jenen, die keine Traumataerfahrungen erlebt hatten (14,04 % versus 3,46 %).
Auch die Zahl der Impfgegner nahm mit Zunahme der verschiedenen Arten von Traumata zu: Unter denjenigen, die angaben, keine Kindheitstraumata erlebt zu haben, zögerten fast 5 % sich impfen zu lassen. Unter jenen mit einer Art von Traumata, waren es gute 7 %, bei 2 bis 3 Arten von Traumata gute 10 % und jene, die 4 oder gar mehr Arten von Traumata in ihrer Kindheit erlebt hatten, äußerten sich in 19,15 % der Fälle skeptisch gegenüber Impfungen. Die adjustierte Odds-Ratio für eine Impfskepsis bei mindestens 4 Kindheitstraumata im Vergleich zu keinen Traumata betrug 3,11 (Konfidenzintervall 2,00 - 4,82, p<0,001).
Das Alter war ebenfalls mit einer eher impfskeptischen Haltung verbunden. Die Forschenden schätzen, dass das Misstrauen in die COVID-19-Impfung von 3,42 % bei älteren Menschen (≥70 Jahre) ohne Traumataerfahrungen in der Kindheit reicht bis hin zu 38,06 % Impfskepsis bei jüngeren Befragten (18 bis 29 Jahre) mit 4 oder mehr Traumata.
Die Differenzen wurden unter Berücksichtigung soziodemografischer Faktoren, früherer COVID-19-Infektion oder Langzeiterkrankungen erhoben. Einschränkend geben die Autoren zu bedenken, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt und eine Ursache daher nicht eindeutig festgestellt werden könne.
Die Rücklaufquote lag vergleichbar mit anderen telefonischen Umfragen bei etwa 36 % und die Ergebnisse beruhten auf persönlichen Erinnerungen. Frauen waren überrepräsentiert, während Angehörige ethnischer Minderheiten unterrepräsentiert waren.
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