Medizin

COVID-19: Ivermectin scheitert in klinischer Studie in Lateinamerika

  • Freitag, 5. März 2021
/picture alliance, Roberto Almeida Aveledo
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Cali/Kolumbien –Die Behandlung mit dem Antiparasitikum Ivermectin, die in Lateinamerika fast noch beliebter war als das Malariamittel Hydroxychloroquin in Nordamerika, hat in einer randomisierten Studie bei Patienten mit mildem Verlauf von COVID-19 keine eindeutige Wirkung erzielt, wie die jetzt im Amerikanischen Ärzteblatt (JAMA; 2021: DOI: 10.1001/jama.2021.3071) publizierten Ergebnisse zeigen.

Die Meldung, dass Ivermectin in einer In-vitro-Studie (Antiviral Research, 2020; DOI: 10.1016/j.antiviral.2020.104787) die Replikation von SARS-CoV-2 in Zellkulturen um etwa den Faktor 5.000 verminderte, hat im letzten Jahr in Lateinamerika Wellen geschlagen. Ivermectin wird dort in der Tiermedizin zur Behandlung von Parasiten breit eingesetzt. In der Humanmedizin ist es zur Behandlung von Helminthen, also einem Wurmbefall, zugelassen, der dort noch verbreitet ist. Ivermectin ist in jeder Apotheke und häufig ohne Rezept erhältlich.

Schon bald war das Mittel vielerorts ausverkauft, vor allem als eine Untersuchung der umstrittenen US-Firma Surgisphere zu dem Ergebnis kam, dass das Mittel das Sterberisiko von COVID-19-Patienten senke. Die Studie von Surgisphere ist mittlerweile aus dem Netz verschwunden, doch auch zahlreiche Ärzte waren jetzt von der Wirksamkeit überzeugt (und übersahen dabei, dass Ivermectin in der In-vitro-Studie in einer Konzentration eingesetzt wurde, die beim therapeutischen Einsatz auch nicht ansatzweise erreicht wird). In Bolivien hatte zuletzt auch das Gesundheitsministerium die Einnahme von Ivermectin offiziell empfohlen.

Vor diesem Hintergrund fallen die Ergebnisse der ersten randomisierten Studie, die nach einem Peer Review jetzt in einem Journal publiziert wurden, ernüchternd aus. Mediziner vom Centro de Estudios en Infectogía Pediatrica in Cali, der drittgrößten Stadt Kolumbiens, hatten insgesamt 300 jüngere Patienten (mittleres Alter 37 Jahre), bei denen nach einer Symptomdauer von weniger als 7 Tagen eine Infektion mit SARS-CoV-2 bestätigt wurde, auf eine Behandlung mit Ivermectin oder Placebo über 5 Tage rando­misiert.

Primärer Endpunkt war die Dauer der Symptome. Hier kam es wie Eduardo López-Medina und Mitar­beiter berichten, zwar zu einer Verkürzung von 12 auf 10 Tage. Die Differenz von 2 Tagen war jedoch nicht signifikant (Hazard Ratio 1,07; 95-Konfidenzintervall 0,87 bis 1,32). Am Tag 21 hatten sich in der Ivermectingruppe 82 % und in der Placebogruppe 79 % der Patienten von ihren Symptomen erholt. Auch hier war die Differenz von 3,21 Tagen (minus 4,58 bis 11,01 Tage) nicht signifikant.

Aufgrund des jungen Alters waren schwere Verläufe der Erkrankung nicht zu befürchten. Bei insgesamt 14 Patienten war eine Eskalierung der Behandlung mit stationärer Aufnahme notwendig. Darunter waren allerdings 4 Patienten, deren Zustand sich innerhalb weniger Stunden nach Beginn der Studie verschlech­­terte, bevor eine Wirkung der Behandlung hätte eintreten können.

Bei den restlichen 10 Patienten entfielen 4 Hospitalisierungen auf die Ivermectingruppe und 6 auf die Placebogruppe. Der Vorteil war gering und nicht signifikant. Auch in einigen anderen sekundären End­punkten, etwa der Dauer des Fiebers oder der Behandlungsdauer im Krankenhaus, gab es tendenzielle Vorteile für die Ivermectingruppe, die jedoch in keinem Fall signifikant waren. López-Medina geht des­halb davon aus, dass die Behandlung in der Bevölkerungsgruppe, in der sie vielleicht in Lateinamerika am beliebtesten ist, vermutlich keinen (großen) Nutzen erzielt.

rme

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