Medizin

COVID-19: Kein erhöhtes Diabetesrisiko bei Kindern

  • Mittwoch, 27. Juli 2022
/Corona Borealis, stock.adobe.com
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Toronto – Die Befürchtung, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 bei Kindern eine Neuerkran­kung am Typ-1-Diabetes auslösen kann, haben sich in einer bevölkerungsweiten Analyse in JAMA Network Open (2022; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.23394) nicht bestätigt.

Im kanadischen Teilstaat Ontario ist die Zahl der Erkrankungen zu Beginn der Epidemie gesunken, später kam es dann zu einem Nachholeffekt. Eine Auswertung der Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumenta­tion (DPV), die über 90 % aller pädiatrischen Erkrankungen in Deutschland erfasst, hatte ergeben, dass die Inzidenz in Deutschland im Verlauf der Epidemie um 15 % angestiegen ist.

Über einen noch deutlicheren Anstieg hatten Mitarbeiter der US-Centers for Disease Control and Prevention Anfang des Jahres berichtet. Unter den Patienten des Versicherers HealthVerity war die Zahl der pädiatrischen Diabetesneudiagnosen um 30 % gestiegen. In einer Auswertung der Datenbank IQVIA hatten sich die Zahlen sogar mehr als verdoppelt.

Auch in Ontario ist es von Februar bis Juli 2021 zu 33 bis 50 % mehr Diabetesneudiagnosen gekommen, als vom langjährigen Mittel zu erwarten war. Das Team um Astrid Guttmann vom „Institute for Clinical Evaluative Sciences“ in Toronto konnte ihren Berechnungen die Daten der staatlichen Gesundheitsfürsorge zugrunde legen.

Der Vorteil gegenüber der DPV ist, dass alle Diabeteserkrankungen der Provinz erfasst werden und nicht nur die von Fachärzten versorgten Patienten. Der Nachteil ist, dass aus den Daten nicht hervorgeht, ob es sich um einen Typ-1- oder Typ-2-Diabetes handelt, wobei allerdings der Typ-2-Diabetes bei Kindern sehr selten ist.

Guttmann fand heraus, dass es von März bis Mai 2020, also zu Beginn der Epidemie zu einem Rückgang der Diabetesneudiagnosen bei Kindern gekommen ist. Die Zahlen lagen damals um 15 % bis 32 % niedriger als vom langjährigen Durchschnitt zu erwarten war.

Offensichtlich haben die Eltern den Arztbesuch zu Beginn der Erkrankung länger hinausge­zögert. Dies ist möglich, weil sich ein Typ-1-Diabetes nicht von heute auf morgen entwickelt und der Stoffwechsel erst über einen längeren Zeitraum entgleist.

Über den Gesamtraum haben sich die Erkrankungszahlen nicht verändert. Guttmann ermit­telt ein relatives Risiko von 1,09. Das 95-%-Konfidenzintervall von 0,91 bis 1,30 schließt allerdings den 15 %igen Anstieg, den die Analyse der DPV ergeben hatte, nicht völlig aus. Die Frage, ob die Pandemie zu einem Anstieg der Diabetes-Erkrankungen bei Kindern geführt hat, ist deshalb auch für Guttmann nicht abschließend geklärt.

rme

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