Medizin

COVID-19: Myokarditis nach Impfung weiterhin sehr selten

  • Dienstag, 23. August 2022
/Sebastian Kaulitzki, stock.adobe.com
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Oxford – Eine Myokarditis ist eine seltene Komplikation einer Impfung gegen COVID-19. Dies hat sich nach einer aktualisierten Analyse in Circulation (2022; DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.122.059970) auch nach der Boosterung nicht geändert.

Das Risiko war in den meisten Gruppen niedriger als eine durch SARS-CoV-2 aus­gelöste Myokarditis. Am häu­figsten wurde die Impfreaktion bei Männern unter 40 Jahren nach der 2. Dosis von mRNA-1273 bemerkt.

Eine Myokarditis ist eine sehr seltene Erkrankung. Auslöser ist typischerweise eine Virusinfektion. Die Entzün­dung im Herzmuskel kann die Pumpfunktion schwächen oder zu Herzrhythmusstörungen führen. Dies kann Gesundheit und Leben der Patienten gefährden. Die meisten erholen sich jedoch mit oder ohne Behandlung nach kurzer Zeit.

Zu Beginn der Impfkampagne hatten Berichte über Myokarditiden, zu denen es vor allem bei jüngeren Men­schen nach der Impfung gekommen war, für Aufsehen gesorgt. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Komplikation sehr selten ist.

Ein Team um Julia Hippisley-Cox hatte bereits im Dezember in einer Studie in Nature Medicine zeigen können, dass die Komplikation in den meisten Altersgruppen seltener ist als nach einer Infektion mit SARS-CoV-2, das wie andere Viren auch die entzündliche Reaktion im Herzmuskel triggern kann.

Damals waren nur die Daten bis zum August 2021 berücksichtigt worden. Jetzt hat das Team seine Analyse auf die Zeit bis Mitte Dezember 2021 ausgedehnt. In dieser Phase wurden die ersten Personen geboostert.

Die Analyse erfolgte erneut als „Self-Controlled-Case-Series“, bei der verschiedene Zeiträume derselben Per­so­nen miteinander verglichen werden. Dies vermeidet Fehlerquellen, die sich bei Fall-Kontrollstudien durch den Vergleich unterschiedlicher Personengruppen ergeben können.

Wie selten die Komplikation ist, zeigte sich daran, dass von den 42,8 Mio. Engländern, die zwischen dem 1. De­zember 2020 und dem 15. Dezember 2021 gegen COVID-19 geimpft wurden, nur 2.861 oder 0,007 % we­gen einer Myokarditis im Krankenhaus behandelt werden mussten. Darunter waren 617 Fälle (0,001 %), die in den ersten 28 Tagen nach einer Impfung auftraten und deshalb eine Impfkomplikation sein könnten.

Tatsächlich war die Gefahr einer Myokarditis nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 höher als nach einer Im­pfung – wobei der Zweck der Impfung natürlich nicht der Schutz vor einer SARS-CoV-2-bedingten Myokarditis ist. Es geht darum die häufigeren und schwerwiegenderen Folgen von COVID-19 zu verhindern.

Nach der Analyse von Hippisley-Cox kommen auf 1 Mio. Personen 35 Patienten, die nach einem positiven Test auf SARS-CoV-2 aber vor einer Impfung eine Myokarditis erlitten. In den ersten 28 Tagen nach der 1. Dosis von BNT162b2 und mRNA-1273 sind dagegen jeweils 2 zusätzliche Myokarditis-Ereignisse pro 1 Mio. ge­impf­ter Personen zu erwarten. Nach der zweiten Dosis von BNT162b2 und mRNA-1273 waren es 2 und 34 zusätz­liche Myokarditiden pro 1 Mio..

Die 2. Dosis von mRNA-1273 fällt mit den 34 zusätzlichen Ereignissen pro 1 Mio. Personen aus der Rolle. Dies gilt vor allem für Männer unter 40 Jahren, für die Hippisley-Cox auf zusätzliche 97 Ereignisse auf 1 Mio. kommt.

Bei Frauen war der Anstieg der Myokarditiden nach der 2. Impfung von mRNA-1273 übrigens deutlich gerin­ger. Hippisley-Cox ermittelt 7 zusätzliche Myokarditiden pro 1 Mio. Impfungen mit mRNA-1273. Das ist nicht mehr als bei ungeimpften Frauen, unter denen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 mit 8 zusätzlichen Myo­kar­ditiden auf 1 Mio. Personen zu rechnen ist.

Für die Boosterdosis konnte die Forscherin erst wenige Zahlen vorlegen. Sie deuten bisher nicht auf einen erneuten Anstieg der Myokarditiden hin. Die Zahl der zusätzlichen Erkrankungen bei Männern (aller Alters­gruppen) betrug 3 Myokarditiden pro 1 Mio.

Dies liegt möglicherweise an dem nachlassenden Medieninteresse. Hippisley-Cox kann bei ihrer Analyse nicht ausschließen, dass das öffentliche Aufmerksamkeit dazu geführt hat, dass Ärzte nach der Impfung mit mRNA-1.273 genauer auf Symptome einer Myokarditis achteten und die Patienten dann aus Vorsicht eher ins Kran­kenhaus überwiesen haben.

Eine Beschränkung auf die Todesfälle hätte diesen Fehler möglicherweise vermieden. Diese waren jedoch insgesamt selten. Laut der Publikation sind in England nur 345 Personen innerhalb von 28 Tagen nach der Hospitalisierung an einer Myokarditis gestorben.

rme

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