Medizin

COVID-19: NETs in den Koronararterien können Herzinfarkte auslösen

  • Montag, 4. Januar 2021
Blutbild mit neutrophilen Granulozyten/ picture-alliance, Universität Zürich
Blutbild mit neutrophilen Granulozyten/ picture-alliance, Universität Zürich

Madrid – Die Koronarthrombosen, die eine mögliche Komplikation von COVID-19 sind, könnten auf eine überschießende Aktivierung von neutrophilen Granulozyten zurückzuführen sein, die zur Abwehr der Viren sogenannte NETs („neutrophil extracellular traps“) freisetzen und damit versehentlich die Blut­gerinnung aktivieren. Dies geht aus einer jetzt in JAMA Cardiology (2020; DOI: 10.1001/jamacardio.2020) veröffentlichten Studie hervor.

NETs sind netzartige Strukturen aus DNA und Proteinen, die von den neutrophilen Granulozyten freigesetzt werden, um Krankheitserreger „einzufangen“. Es handelt sich um einen erst vor wenigen Jahren entdeckten Mechanismus der angeborenen Immunabwehr, der bereits in früheren Studien mit den Thrombosierungen von Blutgefäßen bei COVID-19 in Verbindung gebracht wurde.

Bei der Erkrankung kommt es typischerweise zu einem Anstieg der neutrophilen Granulozyten, und im Serum lassen sich häufig die Abbauprodukte der NETs nachweisen. Nach einer Markierung mit Antikör­pern werden sie in der konformen Mikroskopie sichtbar.

Ana Blasco von der Uniklinik Puerta de Hierro–Majadahonda in Madrid und Mitarbeiter konnten die NETs jetzt in den Thromben von 5 Patienten nachweisen, die bei der perkutanen koronaren Intervention (PCI) aus den Herzkranzgefäßen von Patienten mit COVID-19 aspiriert wurden, die einen ST-Hebungsinfarkt (STEMI) erlitten hatten.

Die NETs wurden mit Antikörpern gegen DNA, Myeloperoxidase und Histon H3 visualisiert und dann mittels einer Software quantifiziert. In allen 5 Thromben waren NETs nachweisbar, deren Dichte Blasco mit median 61 % (95-%-Konfidenzintervall 43 bis 91 %) angibt.

In einer früheren Fallserie waren die NETs nur in den Thromben von 34 von 50 STEMI-Patienten nach­weisbar und das in einer signifikant geringeren medianen Dichte von 19 % (13 bis 22 %). Alle Thromben der COVID-19-Patienten bestanden aus Fibrin und polymorphkernigen Zellen (zu denken auch die Granulozyten gehören). In keinem Thrombus wurden Fragmente von atherosklerotischen Plaques gefunden.

Dies deutet darauf hin, dass die Thrombi bei den COVID-19-Patienten nicht wie sonst bei STEMI-Pati­enten die Folge eines rupturierten Plaques waren, sondern auf eine starke Aktivierung des angeborenen Immunsystems zurückzuführen sind.

rme

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