Medizin

COVID-19: Warum das Herz älterer Menschen anfälliger für SARS-CoV-2 ist

  • Mittwoch, 19. August 2020
/Blue Planet Studio, stock.adobe.com
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Cambridge – Die Herzmuskelzellen gesunder Menschen steigern im Alter die Expression der Proteine ACE2 und TMPRSS2, über die das Coronavirus SARS-CoV-2 in die Zellen gelangt.

Die im Journal of Molecular and Cellular Cardiology (2020; DOI: 10.1016/j.yjmcc.2020.08.009) vorgestellten Ergebnisse könnten mit erklären, warum es im Alter häufiger zu kardialen Komplikationen kommt, die das Sterberisiko erhöhen.

Es ist mittlerweile gesichert, dass SARS-CoV-2 nicht nur die Pneumozyten in den Lungen, sondern auch andere Organe infiziert. Zu den Angriffszielen zählen die Kardiomyozyten. Deren Schädigung erklärt vermutlich den häufigen Anstieg des Herzinfarktmarkers Troponin, der vor allem bei älteren Patienten beobachtet wird. Eine Pumpschwäche des linken Ventrikels trägt vermutlich mit dazu bei, dass viele ältere Menschen COVID-19 nicht überleben.

Ein internationales Team um Anthony Davenport von der Universität Cambridge ist der Ursache jetzt durch die postmortale Untersuchung der Kardiomyozyten von 10 Personen auf den Grund gegangen, die nicht an kardialen Erkrankungen gestorben und auch nicht mit SARS-CoV-2 infiziert waren: 5 Personen waren zwischen 19 und 25 Jahre alt, die anderen 5 hatten ein Alter von 63 bis 78 Jahren.

Die Forscher isolierten die Muskelzellen des linken Ventrikels und sequenzierten die RNA der Zellen. Sie stammt von der Boten-RNA, die die Instruktionen für die Bildung von Proteinen enthält. Die Ergebnisse zeigen, dass bei den älteren Personen nicht nur ACE2 und TMPRSS2 vermehrt gebildet werden, sondern auch andere Bestandteile des ACE-Angiotensin II-Stoffwechselwegs in den Herzmuskelzellen.

Interessanterweise wird im Alter auch der Rezeptor für das Interleukin 6 vermehrt auf den Kardiomyozyten gebildet. Interleukin 6 ist wesentlich für den Zytokinsturm verantwortlich, der vermutlich die Überlebenschancen von COVID-19-Patienten verschlechtert.

Davenport hält es deshalb für möglich, dass der Antikörper Tocilizumab, der den Rezeptor blockiert und derzeit zur Behandlung des Zytokinsturms bei COVID-19 klinisch geprüft wird, eine protektive Wirkung am Herzmuskel haben könnte.

rme

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