Ernährung: Verzicht auf das Frühstück macht hungriger

Aberdeen – Bei einer strikten Diät spielt es keine Rolle, zu welcher Tageszeit die Kalorien aufgenommen werden. Die Verlagerung der Nahrungszufuhr auf den Abend führt aber zu längeren Hungerperioden am Tag, die die Einhaltung der Diät erschweren könnte. Zu diesem Ergebnis kommt eine Diät-Studie in Cell Metabolism (2022; DOI: 10.1016/j.cmet.2022.08.001).
„Morgens sollst du essen wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann“. Frühere Studien hatten gezeigt, dass diese Devise eine Reduktionsdiät erleichtern kann.
So nahmen in einer randomisierten Studie in Obesity (2013; DOI: 10.1002/oby.20460) übergewichtige und adipöse Frauen unter einer Reduktionsdiät über 12 Wochen 5,1 kg zusätzlich ab, wenn sie die Hälfte der täglichen Kalorien zum Frühstück statt zum Abendessen zu sich nahmen. In einer Beobachtungsstudie im International Journal of Obesity (2013; DOI: 10.1038/ijo.2012.229) verloren die „frühen“ Esser in 20 Wochen 2,2 kg mehr als die „späten“ Esser.
Eine Erklärung dafür gab es bisher nicht. Die Vermutungen reichten von einer besseren „Futterverwertung“ in der Nacht bis zum Einfluss von zirkadianen Faktoren. Ein Team um Alexandra Johnstone vom Rowett Institute an der Universität Aberdeen hat jetzt die Auswirkungen der Essenszeiten auf die Ernährung genauer untersucht.
In einer randomisierten „Cross-over“-Studie nahmen 30 adipöse Erwachsene (16 Männer und 14 Frauen) 2-mal an einer 4-wöchigen Diät teil, bei der sie einmal mit dem Frühstück und einmal mit dem Abendessen 45 % der Kalorien aufnahmen. Auf das Mittagessen entfielen 35 % und die restlichen 20 % auf das reduzierte Frühstück beziehungsweise Abendbrot.
Um die Verteilung über dem Tag sicherzustellen, wurde den Teilnehmern das vorbereitete Essen gestellt. Sie wurden außerdem gebeten, keine anderen Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. Die Zusammensetzung der Nahrungsmittel war gleich mit 30 % Protein, 35 % Kohlenhydraten und 35 % Fett. Der Energiegehalt betrug etwa 1.750 kcal, um eine leichte Gewichtsreduktion zu erzielen.
Dies gelang auch. In den 4 Wochen nahmen die Teilnehmer 3,3 kg ab, wobei es allerdings anders als in den beiden früheren Studien keine Unterschiede zwischen den beiden Diäten gab. Auch im Energieverbrauch, der mit der „Double Labelled Water Methode“ bestimmt wurde, gab es keine Unterschiede.
Johnstone fand keinerlei Hinweise auf eine veränderte Kalorienverwertung zwischen den beiden Gruppen. Auch der Grundumsatz, der unter einer Diät leicht abnimmt, war in beiden Gruppen gleich. Dies widerspricht den bisherigen Vermutungen, nach denen bei einem reichhaltigen Frühstück weniger Kalorien aufgenommen werden als nach einem reichhaltigen Abendessen.
Die Forscher fanden jedoch eine mögliche Erklärung, warum eine Diät mit einer geringen Kalorienzufuhr am Morgen auf Dauer schwerer einzuhalten ist. Bei den stündlichen Befragungen, die an 3 Tagen der Studie durchgeführt wurden, gaben die Personen nach dem eingeschränkten Frühstück über den gesamten Tag ein erhöhtes Hungergefühl an, während das reichhaltige Frühstück die Teilnehmer über den Tag hinaus sättigte.
Der Verzicht auf ein umfangreiches Frühstück war verbunden mit einem Anstieg des „Hungerhormons“ Ghrelin und einem Abfall des „Sättigungshormons“ GIP („Glukoseabhängiges insulinotropes Peptid“), das abhängig vom Füllungszustand im oberen Dünndarm von den dort lokalisierten K-Zellen freigesetzt wird, um die Sekretion von Insulin zu steigern.
Bei der kontinuierlichen Blutzuckermessung wurden jedoch im Tagesverlauf keine Unterschiede gefunden außer einem stärkeren Anstieg nach den reichhaltigen Mahlzeiten. Auch beim Insulin und den Blutfetten gab es keine auffälligen Abweichungen.
Aus Sicht von Johnstone ist es bei einer Diät unerheblich, wann über den Tag verteilt die Kalorien aufgenommen werden. Wichtig ist allein, dass sich die Probanden an die vorgesehene Menge halten.
Dies könnte ihnen allerdings mit einem reichhaltigen Frühstück leichter fallen, da sie dann den Tag über weniger Hunger leiden. Dass in der aktuellen Studie keine Gewichtsunterschiede gefunden wurden, könnte laut Johnstone an der relativ kurzen Dauer von 4 Wochen gelegen haben.
Die Studie gehört übrigens zu den wenigen Diätstudien, die den Teilnehmern die Nahrungsmittel komplett zur Verfügung stellen, wie dies von Ernährungsforschern gefordert wird. Noch besser wäre es gewesen, wenn die Teilnehmer die beiden 4-wöchigen Phasen in einer kontrollierten Umgebung verbracht hätten. Dies würde ausschließen, dass sie nebenbei noch die eine oder andere Gelegenheit zum Essen genutzt hätten.
Solche Studien sind jedoch mit einem erhöhten Kostenaufwand verbunden und setzen voraus, dass die Beteiligten bereit sind, ihren Urlaub in einem Labor zu verbringen.
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