Medizin

Große Datenbankanalyse mehrt Evidenz für ophthalmologische Komplikation von Semaglutid

  • Dienstag, 25. Februar 2025
/picture alliance, Roberto Pfeil
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Baltimore – Eine große Datenbankanalyse von mehr als 37 Millionen Patienten mit Typ-2-Diabetes zeigt, dass die Anwendung des GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) Semaglutid mit einem leicht erhöhten Risiko für eine nicht-arteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION) einhergeht. Die Studienergebnisse wurden jetzt in JAMA Ophthalmology veröffentlicht (2025; DOI: 10.1001/jamaophthalmol.2024.6555).

Kleinere Studien lieferten jüngst Hinweise darauf, dass Semaglutid mit der Entstehung einer NAION in Zusammenhang stehen könnte. In einer davon stieg das Risiko für NAION unter Semaglutid um mehr als das Vierfache an, deutlich mehr als in der aktuellen Untersuchung.

NAION ist eine akute, schmerzlose Sehverschlechterung durch Minderdurchblutung der Papille, meist infolge vaskulärer Risikofaktoren wie Hypertonie oder Diabetes. Eine spezifische Therapie existiert nicht, der Fokus liegt auf der Prävention eines kontralateralen Befalls.

Daten von mehr als 37 Millionen Patienten ausgewertet

Die Forschenden um Cindy X. Cai vom Wilmer Eye Institute der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore analysierten Krankenversicherungsdaten und elektronische Gesundheitsakten aus 14 Datenbanken.

Eingeschlossen wurden Erwachsene mit Typ-2-Diabetes, die zwischen 2017 und 2023 mit Semaglutid oder einem anderen GLP-1-RA (Dulaglutid, Exenatid) oder einem anderen Antidiabetikum (Empagliflozin, Sitagliptin, Glipizid) behandelt wurden.

Die Analyse umfasst 37,1 Millionen Typ-2-Diabetiker, darunter 810.390 Neuanwender von Semaglutid. Für die Identifikation eines NAION-Falls nutzten die Forschenden 2 Definitionen: Die empfindliche Definition erforderte einen Diagnose-Code für ischämische optische Neuropathie. Die spezifische Definition erforderte einen zweiten bestätigenden Diagnose-Code für ischämische optische Neuropathie innerhalb von 90 Tagen.

Bei den Patienten mit Typ-2-Diabetes, die neu mit einer Semaglutidtherapie begonnen hatten, betrug die NAION-Inzidenzrate 14,5 pro 100.000 Personenjahre bei Anwendung der empfindlichen Definition und 8,7 pro 100.000 Personenjahre bei Anwendung der spezifischen Definition.

Es wurden 2 Analysen durchgeführt

Die Forschenden führten 2 Analysen durch: Zunächst verglichen sie Semaglutid mit anderen GLP-1-RAs oder Nicht-GLP-1-RA-Antidiabetika. Solange die empfindliche NAION-Definition verwendet wurde, unterschied sich das NAION-Risiko nicht zwischen Semaglutid und dem GLP-1-RA Dulaglutid oder den anderen Antidiabetika.

Zum gleichen Ergebnis kamen die Forschenden, wenn sie die spezifische Definition von NAION benutzten und Semaglutid mit Dulaglutid, Sitagliptin und Glipizid verglichen. Das NAION-Risiko war bei den Semaglutid-Anwendern nur dann erhöht, wenn sie mit Patienten aus der Empagliflozin-Gruppe verglichen wurden und die spezifische Definition von NAION zum Einsatz kam (HR 2,27; 95-%-KI 1,16-4,46; p=0,02).

Fallserie mit Eigenkontrolle: Semaglutid versus kein Semaglutid

Bei der 2. Analyse handelte es sich um eine Fallserie mit Eigenkontrolle, die überprüfte, ob das NAION-Risiko mit Semaglutid höher ist als ohne Semaglutid. Sie zeigte, dass die Exposition gegenüber Semaglutid mit einem erhöhten Risiko für NAION einhergeht – sowohl mit der empfindlichen als auch mit der spezifischen Definition von NAION (IRR 1,32; 95-%-KI 1,14-1,54; p<0,001 bzw. IRR 1,50; 95-%-KI 1,14-1,54; p<0,001 ).

„Die Ergebnisse unserer Studie deuten auf einen kleinen Anstieg des NAION-Risikos bei mit Semaglutid behandelten Typ-2-Diabetikern hin“, schlussfolgern die Studienautoren. „Sie liefern weitere Hinweise darauf, dass es eine Assoziation zwischen Semaglutid und NAION gibt, zeigen aber eine geringere Risikoerhöhung als in vorangegangenen Untersuchungen.“

Mechanismus und Kausalität ungeklärt

Sie betonen, dass weitere Studien nötig seien, um potenzielle Mechanismen, Kausalität und klinische Implikationen zu klären. Solange der Mechanismus unbekannt sei, drängen sie Ärztinnen und Ärzten dazu, die Sorge um ein erhöhtes Risiko für eine seltene, aber potenziell zur Blindheit führende Augenerkrankung gegen die vielen therapeutischen Vorteile von Semaglutid abzuwägen.

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