Medizin

Hydroxychloroquin kann Personal nicht vor SARS-CoV-2 schützen

  • Donnerstag, 1. Oktober 2020
/baranq, stock.adobe.com
/baranq, stock.adobe.com

Philadelphia – Die tägliche Einnahme von Hydroxychloroquin hat in einer randomisierten Studie das Personal auf Intensiv- und Spezialstationen für COVID-19-Patienten nicht vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 geschützt. Eine insgesamt niedrige Infektionsrate deutet nach dem Bericht in JAMA Internal Medicine (2020; DOI: 10.1001/jamainternmed.2020.6319) darauf hin, dass andere Schutzmaßnahmen effektiv sind.

Zu Beginn der COVID-19-Epidemie haben sich in Krankenhäusern viele Mitarbeiter mit SARS-CoV-2 infiziert und einige sind an COVID-19 gestorben, wie der 34-jährige Augenarzt Li Wenliang, der im Zentralkrankenhaus in Wuhan als einer der ersten vor der drohenden Pandemie gewarnt hatte.

Zunächst wusste das Personal nicht, dass es sich schützen muss, dann fehlte die persönli­che Schutzkleidung. Inzwischen ist der Mangel behoben und mit Tests können Infektio­nen frühzeitig erkannt und das Personal gewarnt werden.

Dies mag erklären, warum sich von den 125 Teilnehmern der PATCH-Studie („Prevention and Treatment of COVID-19 With Hydroxychloroquine“) nur 8 infizierten. Die Infektions­ra­te war relativ gering, obwohl alle Teilnehmer auf Intensiv- oder Spezialstationen täglich Kontakt zu Patienten mit COVID-19 hatten.

Das Team um Ravi Amaravadi von der Perelman School of Medicine in Philadelphia war deshalb davon ausgegangen, dass es während der 8-wöchigen Studie zu deutlich mehr Infektionen kommt.

Dass SARS-CoV-2-Fälle übersehen wurden, ist unwahrscheinlich, da die Mitarbeiter drei­mal getestet wurden. Einmal zu Beginn der Studie, dann zur Halbzeit nach 4 Wochen und am Ende nach 8 Wochen.

Teilnehmen durften nur Personen mit einem negativen Test bei einer Eingangsuntersu­chung, weshalb es sich um eine echte Studie zur Präexpositionsprophylaxe handelt – im Gegensatz zu einer im Juli im New England Journal of Medicine (2020; 383: 517-525) pub­li­zierten Studie, an der Personen teilnahmen, die Kontakt zu Infizierten hatten, aber nicht an einem Eingangstest teilnahmen.

Die Teilnehmer der PATCH-Studie waren nachweislich nicht infiziert und sie nahmen die Tabletten über die gesamten 8 Wochen ein. Die Tabletten enthielten bei der Hälfte der Teilnehmer 600 mg Hydroxychloroquin, bei den anderen waren sie wirkstofffrei. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer Infektion mit SARS-CoV-2. Zu den sekundären End­punk­ten gehörte die Verträglichkeit bei langfristiger Einnahme des Wirkstoffs.

Eine Effektivität war nicht zu erkennen, da in beiden Gruppen nur 4 Personen erkrankten. Das ergab in der größeren Gruppe von 64 Teilnehmern, die Hydroxychloroquin erhielten, eine Inzidenz von 6,3 % gegenüber 6,6 % unter den 61 Teilnehmern der Placebogruppe.

An der Studie sollten ursprünglich 200 Personen teilnehmen. Sie wurde jedoch nach einer Zwischenauswertung abgebrochen, als die Wirkungslosigkeit von Hydroxychloro­quin erkennbar wurde.

Der Abbruch erfolgte aus Rücksicht auf die Gesundheit der Teilnehmer. Immerhin ist be­kannt, dass Hydroxychloroquin das QTc-Intervall im EKG verlängert und damit in Einzel­fällen lebensgefährliche ventrikuläre Arrhythmien auslösen kann.

Zu schweren Komplikationen ist es bei den überwiegend jungen Teilnehmern (medianes Alter 33 Jahre) nicht gekommen. Eine signifikante Verlängerung der QT-Zeit war bei einer Kontrolle nach 4 Wochen nicht erkennbar. So blieb es bei insgesamt milden Nebenwir­kun­gen von Hydroxychloroquin, die in erster Linie in häufigeren Durchfällen bestand (32 versus 12 %).

Auch die wenigen Infektionen blieben ohne Folgen. Die meisten blieben asymptomatisch, die anderen erkrankten mit leichten Symptomen. Keiner der 8 Teilnehmer mit COVID-19 musste im Krankenhaus behandelt werden.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung