Immunsuppression: Krebspatienten können SARS-CoV-2 über 2 Monate ausscheiden

New York – Infektionen dauern bei immunsupprimierten Patienten in der Regel länger. US-Onkologen konnten bei ihren Patienten, deren Immunsystem durch die Behandlung deutlich geschwächt war, bis zu 61 Tage nach Beginn einer COVID-19-Erkrankung noch infektiöse SARS-CoV-2 in den Abstrichen nachweisen. Der RNA-Nachweis blieb laut ihrem Bericht im New England Journal of Medicine (2020; DOI: 10.1056/NEJMc2031670) bis zu 78 Tage positiv.
Die Pandemie hat im Frühjahr auch die Spezialabteilungen der Icahn School of Medicine in New York City nicht verschont. 18 Patienten infizierten sich nach einer Stammzelltransplantation oder einer CAR-T-Zelltherapie mit SARS-CoV-2. Bei beiden Therapien wird das Immunsystem durch Zytostatika supprimiert. 2 weitere Patienten waren an Lymphomen erkrankt.
Von den 20 Patienten hatten 15 während der Infektion eine Chemotherapie erhalten, die die Bildung von Abwehrzellen im Knochenmark unterdrückt. 11 Patienten erkrankten schwer an COVID-19. Die Infektiologin Mini Kamboj ließ den Verlauf der Infektion genau beobachten. Dabei wurden nicht nur 57 Rachenabstriche auf Virusgene hin untersucht. Es wurde in 18 Isolaten auch geprüft, ob die Viren Zellkulturen infizieren können. In ebenfalls 18 Isolaten wurde das Genom der Viren sequenziert.
Virale RNA wurde bis zu 78 Tage nach Auftreten der Symptome gefunden. In 10 von 14 nasopharyngealen Abstrichen wurden am ersten Tag in Labortests infektiöse Viren nachgewiesen. Bei 5 Patienten gelang es, die Viren auch 8, 17, 25, 26 und 61 Tage nach Beginn der Infektion in Zellkulturen zu vermehren.
Die 3 Patienten mit dem längsten Nachweis von infektiösen Viren hatten eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation oder eine CAR-T-Zelltherapie erhalten, bei der das Immunsystem deutlich geschwächt wurde. Diese Patienten sind dann nicht in der Lage, eine Antikörperantwort aufzubauen. Die Antikörpertests bleiben negativ.
Durch die Sequenzanalysen von SARS-CoV-2 sollte untersucht werden, ob sich die Patienten möglicherweise mehrere Male mit verschiedenen Viren infiziert hatten. Dies war nicht der Fall. Die Genomsequenz der Viren veränderte sich im Verlauf der Zeit nicht, so dass von einer persistierenden Infektion auszugehen ist, schreibt Kamboj.
Nach derzeitiger Einschätzung der Experten geht die Ansteckungsfähigkeit vom SARS-CoV-2 bei immungesunden Menschen mit leichter bis moderater Erkrankung nach etwa 10 Tagen deutlich zurück. Die von Kamboj vorgestellten Daten zeigen, dass die Kontagiosität bei immunsupprimierten Patienten deutlich länger anhalten kann.
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