Medizin

Influenza: STIKO empfiehlt Hochdosisimpfstoff bereits ab 60 Jahren

  • Dienstag, 1. Dezember 2020

Berlin – Hochdosisimpfstoffe können Senioren besser vor einer Grippe schützen als konventionelle Impf­stoffe. Zu dieser Einschätzung gelangt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) im Epidemiologischen Bulletin (2021; 1: 3-24).

Die Experten empfehlen die neuen Impfstoffe, die die vierfache Antigendosis enthalten, für Personen ab 60 Jahren – vorbehaltlich einer noch ausstehenden Zulassung für die Altersgruppe von 60 bis 64 Jahren. Grundlage der Empfehlung ist ein Technical Report, den das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) kürzlich veröffentlicht hat. Der erhöhten Schutzwirkung steht ein Anstieg der Nebenwirkungen gegenüber.

Die ECDC hatte die irische Health Information and Quality Authority (HIQA) mit einem Review von 4 wei­terentwickelten Influenzaimpfstoffen beauftragt. Neben dem Hoch­dosisimpfstoff (Efluelda/Fluzone HD Quadrivale) waren auch ein MF-59-adjuvantierter Impfstoff (Fluad Tetra), ein zellkulturbasierter Impf­stoff (Flucelvax Tetra) und ein rekombinanter Impfstoff (Supemtek/Flublok Quadrivalent) Gegenstand des Reviews.

Im Ergebnis ist nach Einschätzung der STIKO derzeit die Evidenzlage für den Hochdosis­impfstoff am bes­ten. Sie beruht auf den Ergebnissen einer randomisierten kontrollierten Studie (RCT) und 8 nicht ran­domisierten Studien. In der RCT wurde die Zahl der labor­bestätigten Influenzaerkrankungen um 24 % stärker gesenkt als mit konventionellen Impfstoffen (95-%-Konfidenzintervall 9,7 bis 36,5 %).

Auch die Zahl der Hospitalisierungen wurde um 6,9 % (0,5 bis 12,8 %) stärker gesenkt, ebenso die Zahl der schweren kardiorespiratorischen Ereignisse (um 17,7 %; 6,6 bis 27,4 %) und der Pneumonien (um 39,8 %; 19,3 bis 55,1 %).

Der besseren Schutzwirkung steht allerdings ein Anstieg der Lokalreaktionen in drei RCT um 40 % (rela­tives Risiko RR 1,40; 1,20 bis 1,64) und der Schmerzhäufigkeit um 48 % (RR 1,48; 1,21 bis 1,82) gegen­über. Die Rate aller systemischen Ereignisse (RR 1,17; 0,85 bis 1,61) war nicht signifikant erhöht.

Bei der Fieberhäufigkeit gab es einen signifikanten Anstieg (RR 1,52; 0,58 bis 3,96). In einer US-Studie wurde in einem sekundären Analysezeitfenster (8 bis 21 Tage nach Impfung) ein geringfügig erhöhtes Risiko auf ein Guillain-Barré-Syndrom berichtet. Hier besteht aus Sicht der STIKO weiterer Prüfbedarf.

In einer Transmissionsmodellierung kommt die STIKO zu dem Ergebnis, dass die zusätzliche Senkung der laborbestätigten Influenzaerkrankungen um 15 % (also etwas weniger als in der RCT ermittelt wur­de) in einer durchschnittlichen Grippesaison in Deutschland 111.632 Grippeinfektionen, 74.682 sympto­matische Erkrankungen, 23.013 Arztkonsultationen, 314 Hospitalisierungen und 163 Todesfälle zusätz­lich verhindern könnte. In einer starken Saison könnten es auch 767 weniger Hospitalisierungen und 564 weniger Todesfälle sein.

Nach einer gesundheitsökonomischen Analyse wäre die Impfung von Personen über 60 Jahren bei einer Senkung der laborbestätigten Influenzaerkrankungen um 15 % selbst dann kosteneffektiv, wenn die Kos­ten des Impfstoffs doppelt so hoch wären wie bei einem herkömmlichen Influenzaimpfstoff. Wenn der Impfstoff die Zahl der laborbestä­tigten Influenzaerkrankungen um 30 % senken würde, würde selbst bei 2,5-fach höheren Impfstoffkosten eine Kosteneffektivität erzielt.

rme

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