Medizin

Long COVID: Geruchsverlust führt zu Veränderungen im Gehirn

  • Dienstag, 18. April 2023
/Crystal light, stock.adobe.com
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London – Ein anhaltender Geruchsverlust, der ein Leitsymptom von Long COVID ist, verändert auch die Infor­ma­tionsverarbeitung von olfaktorischen Signalen im Gehirn. Die Störungen sind einer Studie in EClinicalMedicine (2023; DOI: 10.1016/j.eclinm.2023.101883) zufolge jedoch reversibel, sobald sich das Riechepithel erholt hat.

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann die Sinneszellen für die Geruchswahrnehmung in der oberen Nasenhöhle zerstören. Viele Patienten erleiden deshalb Riechstörungen. Da die Regeneration der Sinneszellen aus den Stammzellen eine längeren Zeit in Anspruch nehmen kann, leiden viele Patienten auch nach dem Ende der akuten Erkrankung unter Riechstörungen.

Die Anosmie hat Auswirkungen auf die Nervenzellen, die die Signale aus der Nase weiterleiten und verarbeiten. Dies zeigen die Aufnahmen mit einem Kernspintomografen, die ein Team um Rachel Batterham vom University College London bei 28 Personen durchgeführt hat. Alle 28 Teilnehmer hatten im Anschluss an COVID-19 über eine Anosmie geklagt, von der sich 8 zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht wieder erholt hatten.

Bei den Patienten, die weiter über einen Geruchsverlust klagten, war die neuronale Aktivität in 2 Zentren des Gehirns beeinträchtigt, die wichtige Geruchsinformationen verarbeiten. Dies war einmal der orbitofrontale Cortex im Stirnhirn.

Hier befindet sich die sekundäre Riechrinde, in der Gerüche erkannt und interpretiert werden. Die 2. Region war der anteriore cinguläre Cortex. Er ist für emotionale Reaktionen zuständig, hat aber auch Verbindungen zu anderen Hirnregionen, die über ein planvolles Handeln (exekutive Funktionen) entscheiden.

Bei den Patienten mit anhaltender Anosmie waren die Verbindungen (funktionale Konnektivität) zwischen den beiden Zentren vermindert. Bei den Patienten, die sich von der Anosmie erholt hat, konnten die Forscher keine Störungen feststellen. Dies spricht dafür, dass es sich um sekundäre Folgen des Geruchsverlust handelt und nicht etwa um eine Schädigung der Nervenzellen durch das Virus SARS-CoV-2.

Interessanterweise führte der Geruchsverlust in anderen Bereichen zu einer vermehrten Konnektivität, etwa zu den Sehzentren. Batterham vermutet, dass es sich um eine kompensatorische Reaktion des Gehirns handelt, das den Wegfall der Geruchsempfindung durch die vermehrte Nutzung anderer Sinnesreize ersetzt.

Ähnliche Veränderungen finden sich bei erblindeten Personen. Auch diese vermehrte Konnektivität war bei den Long-COVID-Patienten reversibel. Sobald die Signale aus dem Riechepithel wieder eintreffen, werden die früheren Informationswege wieder aktiviert.

Die Auswirkungen des Geruchsverlust waren auch im Kleinhirn messbar. Dort ist die Region CRUS I Teil des olfaktorischen Netzwerks im Gehirn. Es soll dort vor allem auf unangenehme Gerüche reagieren.

rme

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