Long COVID: Onlinereha verbessert Lebensqualität in Studie leicht

Coventry/England – Eine 8-wöchige Rehabehandlung mit Onlineangeboten zu Physio- und Psychotherapie hat in einer randomisierten Studie die Lebensqualität von Patienten verbessert, die im Anschluss an eine schwere Erkrankung an COVID-19 unter Beschwerden eines Long COVID litten, das bei einem Drittel zur Arbeitsunfähigkeit geführt hatte. Ergebnisse der Studie wurden im Britischen Ärzteblatt (BMJ, 2024; DOI: 10.1136/bmj-2023-076506) publiziert.
Da die Pathophysiologie von Long COVID weiter unklar ist, gibt es derzeit keine Behandlung, die an den Ursachen ansetzen könnte. Das REGAIN-Programm („Rehabilitation Exercise and psycholoGical support After covid-19 InfectioN“) setzt deshalb an den Symptomen an, die körperlicher Natur (Erschöpfung, Kurzatmigkeit, Muskelschmerzen) oder auch psychischer Natur (Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, „Hirnnebel“) sein können.
Die Teilnehmer erhielten eine einstündige Online-Einzelberatung von einem mit dem Programm geschulten Arzt. Sie sollte die Gelegenheit bieten, die Krankengeschichte und die praktischen Möglichkeiten zur Unterstützung der Wiederherstellung der körperlichen und geistigen Gesundheit zu besprechen.
Anschließend konnten die Patienten an wöchentlichen Onlinegruppensitzungen teilnehmen mit physiotherapeutischen Übungen. Außerdem gab es 6 Onlinegruppensitzungen zur psychologischen Unterstützung. Alle Onlineangebote waren live und dauerten eine Stunde. In einer Vergleichsgruppe gab es anfangs ebenfalls ein 30-minütiges Einzelgespräch, in dem die Patienten über die Erkrankung aufgeklärt wurden und Informationsmaterial erhielten.
An der Studie nahmen 585 Patienten im Durchschnittsalter von 56 Jahren teil. Sie waren zuvor wegen COVID-19 im Krankenhaus behandelt worden, davon ein Drittel auf Intensivstationen. Sie hatten sich auch 12 Wochen nach der Entlassung noch nicht erholt mit erheblichen körperlichen Einschränkungen und psychischen Problemen, darunter Angststörungen, Depressionen oder ein posttraumatisches Stresssyndrom.
Der primäre Endpunkt war die gesundheitsbezogene Lebensqualität, die mit dem PROMIS-Scores („Patient Reported Outcomes Measurement Information System“) bestimmt wurde. Es handelt sich um einen Onlinefragebogen mit 7 Teilscores zu Depressionen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Schmerzstörungen, körperlichen Funktionen, Sozialleben/Freizeitaktivitäten und kognitiven Funktionen.
Der Score kann Ergebnisse zwischen 0,022 und 1,0 Punkten annehmen wobei 0 Punkte einem Tod und 1,0 einem perfekten Gesundheitszustand entsprechen. Ein Unterschied von 0,03 bis 0,05 Punkten wird als klinisch wichtig angesehen.
Wie Gordon McGregor vom NHS Trust in Coventry und Mitarbeiter berichten, verbesserte sich der Score nach 3 Monaten gegenüber der Vergleichsgruppe um 0,03 Punkte, womit das Minimum für eine Wirksamkeit erreicht wurde.
Die meisten Verbesserungen gab es in den PROMIS-Subscores für Depression, Müdigkeit und Schmerzbeeinträchtigung. Insgesamt 17 % der Interventionsgruppe gaben am Ende der Online-Reha nach 3 Monaten an, dass ihr allgemeiner Gesundheitszustand „jetzt viel besser“ sei, verglichen mit 8 % in der Vergleichsgruppe.
Die Ergebnisse wären vermutlich besser ausgefallen, wenn die Patienten an allen Onlinesitzungen teilgenommen hätten. Dies war nur bei 47 % der Fall. Weitere 39 % nahmen die Angebote nur teilweise und 13 % gar nicht an. Bei einer optimalen Adhärenz hätte die Wirksamkeit nach einer sogenannten „complier average causal effect analysis“ bei 0,05 nach 3 Monaten und bei 0,06 nach 12 Monaten gelegen.
Zu den Einschränkungen gehört nach Einschätzung der vom Science Media Centre befragten Experten, dass die Studie nicht verblindet werden konnte, sodass ein Teil der Wirkung auf die Tatsache eines Therapieangebots zurückzuführen sein könnte. Dennoch sprechen die Initiatoren von einem Erfolg.
Die REGAIN-Studie ist laut McGregor die erste qualitativ hochwertige, randomisierte kontrollierte Studie, die den Nutzen einer Online-Rehabilitation für die körperliche und psychische Gesundheit bei Long COVID belege. Die Number Needed to Treat für eine „jetzt viel bessere“ Beurteilung des Gesundheitszustands durch den Patienten betrug nur 11,9, und wenn das Urteil „jetzt etwas besser“ einbezogen wurde nur 5,4.
Die Number Needed to Treat gibt an, wie viele Patienten behandelt werden müssen, damit ein Patient den erwünschten Zustand erreicht.
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