SARS-CoV-2: Ältere Menschen infizieren sich in Haushalten schneller

Guangzhou/China – Das Ansteckungsrisiko mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 ist innerhalb eines Hauses und im Haushalt besonders hoch. Die meisten Infektionen treten nach den Ergebnissen von Kontaktuntersuchungen in einer chinesischen Großstadt in Lancet Infectious Diseases (2020; DOI: 10.1016/S1473-3099(20)30471-0) besonders während der Inkubationszeit auf, wobei sich ältere Menschen öfter anstecken.
In Guangzhou, der mit 11 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Stadt in Südchina, ist es den Gesundheitsbehörden Anfang des Jahres gelungen, einen Ausbruch von SARS-CoV-2 im Keim zu ersticken. Bis zum 8. Februar wurden nur 349 bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen bekannt, darunter waren 215 primäre Fälle, in der Regel Personen, die aus Wuhan eingereist waren.
Die Behörden hatten umfassende Kontaktuntersuchungen veranlasst, bei denen 1.964 Personen getestet wurden. Dies waren Personen, die weniger als 2 Tage vor Auftreten der Symptome einem Infizierten in einem Abstand von weniger als 1 Meter begegnet waren. Diese Kontakte wurden unter Quarantäne gestellt und an den Tagen 1 und 14 auf SARS-CoV-2 getestet.
Ein Team um Zhi-Cong Yang von der Gesundheitsbehörde der Stadt hat jetzt die Ausbreitung in den einzelnen Clustern analysiert. Die meisten Infizierten wurden in der Familie oder an der gleichen Adresse gefunden. Im Familienumfeld betrug die Infektionsrate („attack rate“) 12,4 %, an der gleichen Adresse sogar 17,1 %.
Dass die Infektionsrate im Haus größer war als in der einzelnen Familie erklärt Yang damit, dass nicht alle Familienmitglieder tatsächlich in der gleichen Wohnung oder im gleichen Haus wohnten. Außerhalb des familiären Umfelds betrug die Infektionsrate nur 2,4 %. Menschen, die am Arbeitsplatz oder anderen Umgebungen mit einem Infizierten zusammenkommen, scheinen demnach ein niedrigeres Risiko zu haben.
Interessant war, dass in den Familien nicht alle Altersgruppen gleich häufig erkrankten. Am meisten gefährdet waren ältere Personen. Für Haushaltsmitglieder im Alter ab 60 Jahren ermittelt Yang eine Infektionsrate von 28 %, bei jüngeren Mitgliedern betrug sie 18,4 % und bei Kindern und Jugendlichen bis 20 Jahre nur 6,4 %.
Die Ansteckungsgefahr war während der Inkubationszeit am höchsten. Nach Einsetzen der Symptome sank die tägliche Infektionsrate für die Familienmitglieder um 39 % (Odds Ratio 0,61) und für die Hausbewohner um 41 % (Odds Ratio 0,59). Dies könnte daran liegen, dass die Infizierten in der Prodromalphase besonders viele Viren ausscheiden oder auch daran, dass die anderen Familienmitglieder nach Beginn der Erkrankung auf Distanz gingen.
Der Ausbruch in Guangzhou wurde rasch beendet, weil die örtliche Reproduktionszahl mit 0,5 deutlich unter dem kritischen Wert von 1,0 lag, ab dem mit einer exponentiellen Zunahme der Erkrankungen gerechnet werden muss.
Yang schätzt, dass die örtliche Reproduktionszahl ohne die Quarantäne-Maßnahmen zwischen 0,6 und 0,76 gelegen hätte. Dies zeigt, dass Kontaktuntersuchungen dabei helfen, eine Epidemie einzudämmen. Die Erkrankungszahlen wären allerdings in Guangzhou auch ohne Kontaktuntersuchungen dank der strengen Lockdown-Maßnahmen in China allmählich zurückgegangen.
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