SARS-CoV-2: Die meisten Kinder erholen sich vom multisystemischen inflammatorischen Syndrom

London – Die meisten Kinder, die während der 1. Welle von COVID-19 im Anschluss an eine meist harmlose Infektion mit SARS-CoV-2 mit einem lebensgefährlichen multisystemischen inflammatorischen Syndrom (MIS) auf Intensivstationen behandelt werden mussten, haben sich wieder erholt.
Kardiale Langzeitschäden scheinen nach den in Lancet Child & Adolescent Health (2021; DOI: 10.1016/S2352-4642(21)00138-3) vorgestellten Erfahrungen eines britischen Behandlungszentrums eher selten zu sein. Viele Kinder leiden jedoch auch ein halbes Jahr nach der Entlassung noch unter Erschöpfungszuständen.
Britische Mediziner gehörten zu den ersten, die im April 2020 auf eine schwere Komplikation von SARS-CoV-2 hinwiesen, die vor allem bei Kindern auftrat. Die Kinder erkrankten etwa 2 oder 6 Wochen nach der Infektion, die sie oftmals gar nicht bemerkt hatten, zunächst an hohem Fieber, das von einem Hautausschlag, einer konjunktivalen Injektion und gastrointestinalen Symptomen begleitet wurde. Der Zustand der Kinder verschlechterte sich rapide. Viele mussten wegen einer Pumpschwäche des Herzens und einem Multiorganversagen schließlich auf Intensivstation behandelt werden.
Von den etwa 250 Kindern in Großbritannien und Irland mit „Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome“ (PIMS), wie die Krankheit dort bezeichnet wird, wurden 46 damals am Great Ormond Street Hospital behandelt, einer auf Kinderkrankheiten spezialisierten Klinik in London. Ein Team um Karyn Moshal hat die Kinder, die bei der Erkrankung im Mittel 10 Jahre alt waren, nach der Entlassung aus der Klinik über 6 Monate nachbeobachtet.
Alle Kinder waren schwer erkrankt. Bei 15 Kindern wurden bei der Aufnahme in der Echokardiografie Störungen der Herzfunktion beobachtet, bei 22 Kindern musste der Kreislauf mit positiv inotropen Medikamenten gestützt werden, bei 1 Kind wurde eine extrakorporale Membranoxygenierung notwendig. Insgesamt 24 Kinder hatten neurologische Symptome, bei 42 Kindern war die Nierenfunktion gestört, ebenfalls 42 Kinder hatten gastrointestinale Störungen, bei 40 bestand die Gefahr von Thrombosen.
Trotz dieser schweren Komplikationen, die vermutlich auf eine Fehlreaktion des Immunsystems zurückzuführen sind, haben sich nach 6 Monaten fast alle Kinder wieder erholt. Kein Kind ist an PIMS gestorben.
Nur 1 Kind hat weiterhin erhöhte Entzündungswerte. Bei 2 Kindern sind die Echokardiogramme noch auffällig, 1 Kind wird nach der Diagnose eines großen Aneurysmas in der Koronararterie dual antithrombotisch behandelt, 6 Kinder leiden noch unter leichten gastrointestinalen Beschwerden. Auch die Nierenfunktion und die Laborbefunde sind zumeist unauffällig.
Sorgen bereiten derzeit noch neuropsychiatrische Störungen, unter denen 18 Kinder ein halbes Jahr nach der Entlassung aus der Klinik noch leiden. Dazu gehört vor allen eine Muskelschwäche und eine emotionale Labilität. Die Störungen sind laut Moshal jedoch mild und bis auf 1 Kind besuchen alle wieder die Schule.
Die Forscherin hofft, dass die Erkrankung bei den Kindern keine bleibenden Schäden hinterlässt – vielleicht mit Ausnahme des Koronaraneurysmas, das auch eine bekannte Spätfolge des Kawasaki-Syndroms ist, an das das MIS in vielen Aspekten erinnert.
Das nach einem japanischen Kinderarzt benannte Syndrom tritt in seltenen Fällen nach harmlosen Infektionen auf. Aneurysmata in den Koronargefäßen gehören zu den schweren kardialen Langzeitfolgen der Erkrankung.
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