SARS-CoV-2: Frühe Abstriche führen häufig zu falsch negativen Ergebnissen

Baltimore – Die Abstrichuntersuchung mit der Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR), die häufig bei Kontaktpersonen zum Ausschluss einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 durchgeführt wird, fällt in der Phase vor Auftreten der COVID-19-Symptome häufig falsch negativ aus, wie eine Untersuchung in den Annals of Internal Medicine (2020; DOI: 10.7326/M20-1495) zeigt.
Die Produktion von Viren kommt zu Beginn einer Infektion der Atemwege nur langsam in Gang. Möglicherweise sind auch nur einzelne Regionen des Rachens betroffen. Dies vermindert die Chance, die Virusgene in einem Abstrich zu finden. In der Praxis bedeutet dies – auch bei technisch zuverlässigen Tests wie der RT-PCR –eine hohe Quote von falsch-negativen Ergebnissen.
Ein Team um Lauren Kucirka von der Johns Hopkins Universität in Baltimore hat die Daten aus 7 früheren Studien ausgewertet. Darunter waren 7 Preprints und 5 von Experten begutachtete („peer reviewed“) Artikel. In den Studien waren 1.330 Abstriche in verschiedenen Phasen der Infektion entnommen worden.
Am ersten Tag der vermuteten Infektion wurden niemals Viren im Abstrich nachgewiesen: Die Rate der falsch-negativen Ergebnisse betrug 100 % mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 100 bis 100 %. Am vierten Tag der Infektion sank die Rate der falsch-negativen Tests auf 67 % (27 bis 94 %). Auch am Tag der ersten Symptome betrug die mittlere falsch-negative Rate noch 38 % (18 bis 65 %).
Der optimale Zeitpunkt für den Nachweis einer Infektion ist laut der Studie der Tag 8 nach der Infektion (was meist der Tag 3 nach Auftreten der Symptome ist). Auch hier beträgt die falsch-negative Rate noch 20 % (12 bis 30 %), so dass es nach Ansicht von Kucirka nicht ratsam ist, sich bei der Diagnose allein auf das Ergebnis der Abstrichuntersuchung zu verlassen.
Schon am Tag 9 kam es zu einem Anstieg der falsch negativen Tests auf 21 % (13 bis 31 %). Am Tag 21 betrug sie wieder 66 % (54 bis 77 %). Wenn der Patient die Infektion überwunden hat, werden keine Viren mehr produziert. Im Prinzip sollte er dann nicht mehr ansteckend sein. Dies gilt jedoch nur für den Entnahmeort. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Patient auf andere Weise die Viren weitergibt (beispielsweise über Exkremente oder Sexualverkehr).
Wie hoch die Gefahr ist, eine Infektion zu übersehen, hängt auch von der Verbreitung der Viren in einer Gruppe ab. Bei einer hohen Vortestwahrscheinlichkeit muss auch bei einer geringen Rate von falsch-negativen Ergebnissen häufiger mit einer Infektion gerechnet werden.
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