SARS-CoV-2: Höhere Einkommensschichten verhalten sich vorsichtiger

Baltimore – Menschen mit hohem Einkommen haben während der Pandemie häufiger ihr Verhalten geändert und auf soziale Distanzierung und Hygienemaßnahmen geachtet. Dies geht aus einer Umfrage unter US-Amerikanern hervor, deren Ergebnisse jetzt im Journal of Population Economics (2021; DOI: 10.1007/s00148-020-00818-x) veröffentlicht wurden.
An der repräsentativen Umfrage hatten Mitte April 1.000 Erwachsene aus 4 Bundesstaaten (Texas, Florida, Kalifornien und New York) teilgenommen. Sie war Teil einer internationalen Studie, die auch in China, Großbritannien, Italien, Japan und Südkorea durchgeführt wurde.
Die Teilnehmer füllten einen Fragebogen zu ihren Wohn- und Arbeitsverhältnissen und dem Haushaltseinkommen aus. Weitere Fragen betrafen ihre Verhaltensänderungen und ihre Einstellung zu den Maßnahmen dazu. Erfragt wurden 15 verschiedene Verhaltensweisen, die das Infektionsrisiko beeinflussen könnten, vom Händewaschen über eine gesunde Ernährung bis zum Aufenthalt in offenen und geschlossenen Räumen und der Besuch von Familie und Freunden.
Die Ergebnisse zeigen, dass das Verhalten sehr stark vom Einkommen abhingen. Die Personen im obersten Quintel des Einkommens hatten zu 13 % häufiger angegeben, dass sie grundsätzlich ihr Verhalten geändert hätten. Sie achteten zu 32 % häufiger auf eine soziale Distanzierung, zu 30 % häufiger auf Händewaschen und das Tragen von Masken.
Diese Unterschiede waren laut der Gruppe um Nick Papageorge von der Johns Hopkins University in Baltimore weniger auf unterschiedliche Einstellungen zu den Maßnahmen zurückzuführen. So waren in allen Einkommensgruppen 97 % der Ansicht, dass eine soziale Distanzierung das Ansteckungsrisiko senkt. Zu einer Änderung des Verhaltens kam es jedoch eher in den oberen Einkommensgruppen.
Neben einem Fatalismus in den unteren Einkommensschichten – in den Regionen mit den höchsten Fallzahlen wurde oft am wenigsten auf die Verhaltensregeln geachtet – sieht Papageorge die Ursachen in den schlechteren Wohn- und Arbeitsverhältnissen der unteren Einkommensschichten. Diese hatten in der Regel seltener die Möglichkeit zur Telearbeit. Die Befragten im Homeoffice gaben dann auch zu 24 % häufiger an, dass sie im Allgemeinen auf eine soziale Distanzierung achten.
Personen, die von zu Hause aus arbeiten konnten, hatten in der Regel bessere Wohnverhältnisse. Ihre Wohnungen verfügten häufiger über Terrassen oder Balkone, die einen Aufenthalt im Freien ermöglichen, ohne die Wohnung verlassen zu müssen. Personen aus Wohnungen mit Terrassen oder Balkonen gaben zu 20 % häufiger an, dass sie im Allgemeinen zu anderen Menschen auf Distanz gehen. Frauen achteten übrigens zu 23 % häufiger auf eine soziale Distanzierung als Männer, obwohl letztere häufiger schwer und tödlich an COVID-19 erkranken.
Einen ähnlichen Widerspruch fand Papageorge bei Personen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Herzerkrankungen. Auch diese Personen achteten weniger auf eine soziale Distanzierung, obwohl eine Infektion für sie besonders gefährlich ist. Allein die Allergiker scheinen die Pandemie als Signal zu sehen, mehr als bisher auf Hygieneregeln zu achten.
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