SARS-CoV-2: Mögliche Virusvorläufer bereits 2010 in Fledermäusen entdeckt

Paris – Französische Forscher haben zwei SARS-CoV-2-ähnliche Viren in archivierten rektalen Abstrichen von Rhinolophus shameli gefunden, einer in Südostasien verbreiteten Hufeisennase, die zu den Fledermäusen gehört. Die Proben wurden bereits 2010 in Kambodscha entnommen, was laut dem Bericht in Nature Communications (2021; DOI: 10.1038/s41467-021-26809-4) zeigt, dass es die potenziellen Vorläufer des Pandemievirus schon seit längerer Zeit in der Natur gibt.
Die meisten Virologen gehen davon aus, dass SARS-CoV-2 aus einem natürlichen Virus hervorgegangen ist, auch wenn der unmittelbare Vorläufer bisher nicht gefunden wurde. Die „nächsten Verwandten“ waren bisher RaTG13, RmYN02 und RpYN06, die 2013, 2019 und 2020 in der südchinesischen Provinz Yunnan bei verschiedenen Hufeisennasen isoliert wurden. Die zu den Fledertieren gehörende Gattung ist ein wichtiges Reservoir von Sarbecoviren, zu denen auch SARS-CoV-2 gehört.
Ein Team um Etienne Simon-Lorière vom Institut Pasteur in Paris hat kürzlich 2 weitere Coronaviren gefunden, die laut einer phylogenetischen Analyse noch näher mit SARS-CoV-2 verwandt sind. Die Gene von RshSTT182 und RshSTT200 fanden sich in Rektalabstrichen von Rhinolophus shameli, einer Spezies der Hufeisennasen. Die Abstriche waren bereits im Dezember 2010, also vor einem Jahrzehnt in der Provinz Stung Treng im Nordosten von Kambodscha entnommen worden. Die Gensequenzen von RshSTT182 und RshSTT200 stimmen zu 92,6 % mit SARS-CoV-2 überein. Unterschiede bestehen allerdings in einer Region des Spikeproteins. Sie führen dazu, dass RshSTT182 und RshSTT200 nicht über den ACE2-Rezeptor in menschliche Zellen eindringen können.
Das Ausbreitungsgebiet von Rhinolophus shameli ist auf die Region „Greater Mekong“ beschränkt, die sich über die Länder Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam erstreckt. Die chinesische Provinz Hubei mit der Hauptstadt Wuhan ist tausende von Kilometern entfernt.
Simon-Lorière geht wie andere Virologen davon aus, dass die Viren über einen Zwischenwirt zum Menschen gelangt sind. In der Diskussion sind verschiedene Carnivora (Raubtiere) und hier insbesondere Pholidota (Schuppentiere), Viverridae (Schleichkatzen), Mustelidae (Marder) und Felidae (Katzen), die sich – wie ja auch Hauskatzen und Raubtiere im Zoo – mit Coronaviren infizieren können. Die Tiere könnten gefangen und auf Großmärkten wie dem Huanan-Markt in Wuhan angeboten worden sein.
Irgendwo auf dieser Infektionskette könnte es dann durch den Genaustausch mit anderen Viren zur Entwicklung von SARS-CoV-2 gekommen sein.
Der Markt in Wuhan, auf dem lebende Exemplare exotischer Tiere angeboten wurden, ist in der letzten Wochen von dem Virologen Michael Worobey von der Universität von Arizona in Science (2021; DOI: 10.1126/science.abm4454) wieder als Ursprungsort der Pandemie in die Diskussion gebracht worden, nachdem alle Untersuchungen zum Wuhan Institute für Virologie ohne Ergebnis geblieben waren.
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