Medizin

SARS-CoV-2: Nachfolger von BA.5 gesucht

  • Montag, 19. September 2022
/Kateryna_Kon, stock.adobe.com
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Peking – Der Omikron-Subtyp BA.5, auf den derzeit in Deutschland 95 % aller Infektionen entfallen, wird vermutlich nicht die letzte Variante von SARS-CoV-2 sein. Chinesische Virologen warnen in bioRxiv (2022; DOI: 10.1101/2022.09.15.507787), dass sich künftige Varianten nur durch wenige Mutationen dem Zugriff der neutralisierenden Antikörper entziehen könnten.

Die Neigung des Immunsystems, bei einer Boosterung vor allem Antikörper gegen den ersten Erreger zu bilden, zu dem es Kontakt hat, könnte die Situation erschweren.

Die meisten Experten rechnen im Herbst und Winter mit einem Wiederanstieg der Erkrankungen an COVID-19, der sich derzeit mit einer leichten Zunahme bei den Hospitalisierungen und Verstorbenen andeutet. Wohin die Reise geht, vermag derzeit aber niemand sicher vorauszusagen. Neue Varianten wie BJ.1 oder BA.2.75.2 haben bisher in Deutschland noch nicht Fuß gefasst.

Nach den Laborergebnissen, die ein Team um Youchun Wang von den „National Institutes for Food and Drug Control“ in Peking jetzt vorstellt, könnte sich dies rasch ändern. Die Forscher haben das Laborvirus VSV („vesi­cular stomatitis virus“) mit dem S-Protein von SARS-CoV-2 bespickt. Das S-Protein wurde mit verschiedenen Mutationen versehen.

In einem ersten Experiment wurde untersucht, ob die derzeitigen Antikörperpräparate die Varianten neutra­lisieren können. Die Präparate Evusheld und Bebtelovimab (in Deutschland noch nicht zugelassen) wiesen deutliche Lücken auf. Die beste neutralisierende Wirkung zeigten SA55 und SA58, die sich derzeit in der prä­klinischen Prüfung befinden. Erste klinische Studien sollen Anfang 2023 beginnen.

Nicht nur einzelne Antikörperpräparate könnten wirkungslos werden. Auch Impfungen oder selbst eine Durch­bruchinfektion mit früheren Omikron-Varianten wie BA.5 würden nach den Experimenten der chinesischen Virologen keinen sicheren Schutz vor einer Infektion bieten.

Schuld ist das Phänomen des „Immune Imprinting“ zu deutsch „immunologische Prägung“. Es beschreibt die Tendenz des Immunsystems von Geimpften oder Genesenen, beim zweiten Kontakt mit einem leicht veränder­ten Virus (etwa Omikron) vor allem Antikörper gegen das Virus zu bilden, zu dem es zuerst Kontakt hatte (also gegen den Wildtyp von SARS-CoV-2).

Die Abwehr der neuen Variante kann dann lückenhaft sein. Tatsächlich konnte Wang zeigen, dass es nach Durchbruchinfektionen mit BA.2 und insbesondere BA.5 zu einer deutlich eingeschränkten Antikörperantwort kam, bei der vor allem die Titer der nicht-neutralisierenden Antikörper anstieg.

Diese einseitige Immunabwehr könnte in Zukunft neuen Varianten zum Durchbruch verhelfen, die genau diese Lücken ausnutzen. Nach den Experimenten von Wang könnten 5 zusätzliche Mutationen ausreichen, damit aus BA.5 oder aus B.2.75 eine neue Variante entsteht, die sich komplett dem Immunschutz durch frühere Erkrankungen (auch mit BA.5) oder Impfungen (auch mit den neuen bivalenten Impfstoff

rme

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