SARS-CoV-2 sabotiert Immunabwehr, indem es die Ribosomen blockiert
München/Ulm – Wissenschaftler aus München und Ulm haben herausgefunden, wie es SARS-CoV-2 gelingt, dem menschlichen Immunsystem zu entgehen. „Das Virusprotein Nsp1 unterdrückt die Translation in der Wirtszelle und damit die Immunabwehr, indem es den mRNA-Kanal der Ribosomen blockiert“, berichten sie im Fachblatt Science (DOI: 10.1126/science.abc8665).
Im Kryoelektronenmikroskop beobachteten die Forscher um Roland Beckmann vom Genzentrum der LMU München, wie das Nichtstrukturprotein 1 (Nsp1) an die 40S-Untereinheit der Ribosomen andockt. Dort bewirke es sowohl in vitro als auch in Zellen einen Shutdown der mRNA-Translation, indem es den Kanal verstopfe, über den die mRNA abgelesen werde.
In menschlichen Zellen experimentell bestätigen konnte diese Beobachtung eine Forschergruppe des Universitätsklinikums Ulm. Das Team um Konstantin Sparrer vom Institut für Molekulare Virologie zeigte, dass Nsp1 durch die Blockade der Ribosomen die Produktion antiviraler Proteine und Signalmoleküle wie IFN-β oderr RIG-I komplett lahmlegt.
Auf diese Weise blockiert Nsp1 die angeborene Immunabwehr, die die Infektion anderenfalls eliminieren würde.
Target für die Entwicklung von Medikamenten
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die strukturelle Charakterisierung des inhibitorischen Mechanismus von Nsp1 beim Design strukturbasierter Medikamente gegen SARS-CoV-2 helfen könnte. SARS-CoV-2 verfüge zwar noch über andere Inhibitoren der angeborenen Immunabwehr, dennoch könnte der Verlust der Nsp1-Funktion das Virus empfänglich für eine Elimination durch das Immunsystem machen, schreiben sie.
„Wenn wir verhindern können, dass das virale Helfer-Protein Nsp1 an Ribosomen bindet, können wir bewirken, dass die angeborene Immunantwort gegen SARS-CoV-2 funktionsfähig bleibt und das Virus wirksam kontrolliert“, sind sich die Münchner und Ulmer Forscher einig.
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