Medizin

SARS-CoV-2: Viren in der Luft der Krankenzimmer fern der Patienten nachgewiesen

  • Donnerstag, 13. August 2020
/Ingo Bartussek, stock.adobe.com
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Gainesville/Florida – Trotz regelmäßiger Lüftung mit Senkung der Luftfeuchtigkeit und einem UV-Strahler zur Keimabtötung konnten US-Forscher SARS-CoV-2 in einem Doppel­zimmer in 2 und 4,8 Metern Entfernung zu den beiden COVID-19-Patienten nachweisen.

Die in medRXiv (2020; DOI: 10.1101/2020.08.03.20167395) vorgestellten Studienergeb­nisse liefern die bisher sichersten experimentellen Belege für die Übertragung von SARS-CoV-2 über Aerosole.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und andere Fachgremien haben lange an der Auffassung festgehalten, dass Coronaviren wie Grippeviren nur über Tröpfchen übertra­gen werden, obwohl es epidemiologische Hinweise auf eine Übertragung durch Aerosole gibt.

Dazu gehören beispielsweise die Ausbrüche in Chören, in denen sich auch Sänger infi­zier­ten, die mehrere Meter von dem „Superspreader“ entfernt waren. Auch die hohe Zahl von Infizierten unter dem Personal des Gesundheitswesens spricht dafür, dass Hygiene und Distanz nicht immer eine Ansteckung verhindern können.

Der experimentelle Beweis stand jedoch noch aus. In früheren Untersuchungen war zwar die Virus-RNA in einiger Entfernung von Infizierten gefunden worden. Dies beweist je­doch streng genommen nicht, dass die RNA von kompletten Viren stammt, die noch in der Lage wären, Zellen zu infizieren.

John Lednicky vom Emerging Pathogens Institute an der Universität von Florida in Gai­nesville und Mitarbeiter haben jetzt in einem Krankenzimmer gezielt nach Viren gesucht, die in Zellkulturen einen zytopathischen Effekt erzielen.

Die Forscher wählten für ihre Untersuchungen ein 2-Bett-Zimmer einer 1.000-Betten­kli­nik („UF Health Shands Hospital“) aus, in der bereits mehr als 200 Patienten mit COVID­-19 behandelt worden waren. In dem Zimmer befanden sich zwei COVID-19-Patienten, von denen einer eine aktive Atemwegsinfektion mit einem positiven Nasopharyngealab­strich auf SARS-CoV-2 hatte.

Das Zimmer hatte eine Klimaanlage, die die Luft sechsmal pro Stunde austauschte. Das Gerät war mit einem Dreifachfilter versehen. Es gab einen Kondensator, der der Luft die Feuchtigkeit entzog, und einen UV-C-Strahler, der vor dem Rückstrom der Luft in das Zimmer die Keime abtöten sollte.

In 2 und 4,8 Metern Entfernung von dem infektiösen Patienten wurden zwei Geräte zum Auffangen von Luftproben aufgestellt. Es wurden jeweils drei Proben genommen, davon eine mit einem HEPA-Filter, der Viren zurückhält.

Wie Lednicky berichtet, wurden in den Proben ohne HEPA-Filter jeweils Gene von SARS-CoV-2 gefunden, die die identische Sequenz hatten wie die Viren des Patienten mit der aktiven Infektion. In den Zellkulturen kam es jeweils zu einem zytopathischen Effekt. Die Forscher schätzen, dass in der Luft pro Liter 6 bis 74 Viren enthalten waren.

Die Studie zeigt, dass sich in einem Krankenzimmer trotz regelmäßiger Reinigung der Luft, Virusinaktivierung mit UV-C-Licht und Trockenheit Viren in der Luft befinden könn­en, die eine Infektion auslösen können.

Die Distanz von bis zu 4,8 Metern deutet darauf hin, dass die Viren nicht allein durch Tröpfchen übertragen werden. In den Kliniken kann deshalb eine Infektion durch soziale Distanzierung allein nicht vermieden werden.

rme

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