Medizin

USA: Coronaimpfskepsis beeinflusst Bereitschaft zur Grippeimpfung

  • Dienstag, 21. Juni 2022
/dpa, Jan Woitas
/dpa, Jan Woitas

Los Angeles – Die aufgeheizte Diskussion um die Impfung gegen COVID-19 hat sich in den USA auf die Bereitschaft zur jährlichen Grippeimpfung ausgewirkt. In Bundesstaaten mit niedriger COVID-19-Impfquote haben sich im letzten Winter auch weniger Erwachsene gegen Grippe impfen lassen als in früheren Jahren.

In Bundesstaaten mit hoher COVID-19-Impfquote stieg dagegen die Bereitschaft zur Grippeimpfung, wie die im New England Journal of Medicine (NEJM 2022; DOI: 10.1056/NEJMc2204560) veröffentlichten Zahlen zeigen.

Die Bevölkerung ist in den USA in der Frage der COVID-19-Impfung tief gespalten. In Alabama im tiefen Süden haben bis Ende Januar 2022 nur 50 % der Erwachsenen eine Grundimmunisierung gegen COVID-19 erhalten, in Rhode Island in Neuengland waren es 81 %. Damit war die Impfquote höher als bei der Grippe, gegen die sich 31 % (Mississippi) bis 59 % (Connecticut) der Erwachsenen jährlich impfen lassen.

Im Winter 2020/21, also vor der Einführung der COVID-19-Impfung, hatten sich noch gleich viele Menschen wie in den Vorjahren gegen die Influenza impfen lassen. Ein Jahr später hatte sich das Bild gewandelt.

Wie Richard Leuchter von der David Geffen School of Medicine in Los Angeles ermittelt hat, sank die Grippe-Impfquote in Staaten mit niedriger COVID-19-Impfquote (unterstes Quartil) um 4,5 %punkte (von 43,7 % auf 39,2 %). In den Ländern mit einer überdurchschnittlichen COVID-19-Impfquote (oberstes Quartil) stieg die Grippeimpfquote um 3,8 %punkte (von 49,0 % auf 52,8 %).

Laut Leuchter lassen sich 60 % der Schwankungen in der Grippe-Impfrate eines Staates allein durch die durchschnittliche COVID-19-Impfrate dieses Staates erklären. Der Mediziner führt dies auf eine „belief generalization“ zurück. Die öffentliche Diskussion über Impfstoffe habe dazu geführt, dass sich viele Menschen bewusster für oder gegen eine Impfung entschieden.

Ältere Erwachsene, die am meisten von der Impfung profitieren, haben sich von der öffentlichen Diskussion am wenigsten beeindrucken lassen. Die Grippeimpfquote hat sich auch in Ländern mit einer niedrigen COVID-19-Impfquote kaum verändert.

Deutliche Einbußen gab es dagegen bei Kindern im Alter von 6 Monaten bis 18 Jahren. Hier ging die Grippeimpfquote auch in Ländern mit hoher COVID-19-Impfquote zurück. Durch „belief generalization“ allein lasse sich dies nicht erklären, so Leuchter. Andere Studien hätten gezeigt, dass auch die Impfraten gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) bei Kindern zurückgegangen sind. Als möglicher Grund gelten der Lockdown und die allgemeine Zurückhaltung bei Arztbesuchen.

rme

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