Medizin

USA erlauben COVID-19-Behandlung mit Blutplasma

  • Montag, 24. August 2020
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Washington – Die US-Regierung erteilt eine Notfallgenehmigung für die Behandlung der Erkrankung COVID-19 mit Blutplasma, das Antikörper gegen das Coronavirus enthält. Bei der Immunplasmatherapie bekommen Patienten Plasma von Menschen, die nach einer natürlichen Infektion Antikörper gebildet hatten. Plasma wird seit mehr als 100 Jahren genutzt und gilt als sicher für Patienten.

Bislang noch unklar ist aber, wie wirksam Plasma tatsächlich ist, um die COVID-19-Sterb­lichkeitsrate zu senken. Der Chef der zuständigen Lebens- und Arznei­­­­­mittel­­behörde (FDA), Stephen Hahn, sprach von begrenzten, aber bislang „vielversprechenden“ Daten zur Wirksamkeit.

US-Präsident Donald Trump, der zuletzt öffentlich Druck auf die Behörde gemacht hatte, um schnellere Fortschritte verkünden zu können, bezeichnete die Notfallgenehmigung als „sehr historischen Durchbruch“. Trump dürfte die Ankündigung von gestern Abend (Ortszeit) sehr gelegen kommen: Heute Abend beginnt der Parteitag der Republikaner, bei dem er diese Woche offiziell als Kandidat für die Wahl im November nominiert werden soll.

Die Behandlungsmethode mit Plasma ist in den USA aber bereits weit verbreitet. Von einem Durchbruch zu sprechen, scheint daher eher übertrieben. Im Rahmen einer klini­schen Sondergenehmigung haben bereits rund 70.000 Menschen Plasma erhalten, wie die FDA erklärte.

Die Notfallgenehmigung entspricht zudem keiner formellen Zulassung, für die wesent­lich höhere Hürden gelten. Auch ist das Plasma-Angebot begrenzt, da es nur aus Blut­spenden Genesener gewonnen werden kann.

Der Schritt der FDA mache vor allem den Handel mit Plasma einfacher und dürfte Her­stellern helfen, ihre Kosten zu decken, wie der frühere FDA-Chef Scott Gottlieb vorab dem Fernsehsender ABC sagte. Es handle sich aber insgesamt nur um einen kleinen Schritt, sagte er.

Die Idee hinter der Plasmabehandlung ist bestechend: Weil es noch keinen Impfstoff gibt, der die Bildung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 anregt, verabreicht man Patienten Antikörper von Menschen, die diese nach einer natürlichen Infektion gebildet haben. Zu dem Verfahren laufen weltweit Studien, auch in Deutschland. Bislang gibt es aber keinen überzeugenden Nachweis, ob und wie sehr Plasma COVID-Patienten tatsächlich hilft.

In den USA haben Forscher Daten aus der Anwendung der Mayo Clinic zu 35.000 zumeist schwer erkrankten Patienten erfasst. Ihre bislang unveröffentlichte Studie zeigt, dass Pa­tienten, die 3 Tage nach einer COVID-Diagnose eine Transfusion bekamen, eine etwas geringere Sterblichkeitsrate hatten als jene, die später behandelt wurden.

Allerdings gab es bei der Studie keine Kontrollgruppe, die Ergebnisse sind also nur sehr begrenzt aussagekräftig. Weitere Studien, bei denen ein Teil der Probanden nur ein Pla­cebo bekommt, laufen noch.

Trump wiederum sprach bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus von einer „wirkmäch­tigen Therapie“ mit einer „unglaublichen Erfolgsrate“. Seine Aussagen waren aber nicht von der schriftlichen Genehmigung der FDA gedeckt, die angesichts der bislang unzurei­chenden Datenlage vorsichtig von einer möglichen positiven Wirkung sprach.

Trump war am Wochenende in die Kritik geraten, weil er Druck auf die FDA machte, Be­handlungsmöglichkeiten und Impfungen möglichst schnell zu genehmigen. Trump hat wiederholt gesagt, er hoffe, dass es in etwa bis zur Wahl im November einen einsatz­be­reiten Coronaimpfstoff gebe.

Derzeit laufen mehrere große klinische Studien zu Impfstoffen. Eine Verfügbarkeit vor nächstem Jahr gilt jedoch bei einer Prüfung unter Einhaltung der wissenschaftlichen Kriterien als unwahrscheinlich.

Die Coronapandemie ist in den USA weiterhin völlig außer Kontrolle. Die Behörden haben bisher rund 5,7 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Erreger SARS-CoV-2 gemeldet. Fast 177.000 Menschen starben.

dpa

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