Medizin

Vitamin D schützt nicht vor Tuberkulose und anderen schweren Atemwegsinfektionen

  • Freitag, 24. Juli 2020
Vitamin D3 /dpa
Vitamin D3 /dpa

Boston – Eine wöchentliche Substitution hat in der Mongolei, einer Region mit einer verbreiteten Vitamin-D-Unterversorgung, bei Kindern den Mangel behoben. Die erhoffte präventive Wirkung auf eine Tuberkulose und andere schwere Atemwegserkrankungen bliebt nach den Ergebnissen der jetzt im New England Journal of Medicine (2020; 383: 359-368) veröffentlichten Phase-3-Studie jedoch aus.

Die Tuberkulose gilt als die häufigste ernsthafte Infektionskrankheit. Weltweit sind nach neueren Schätzungen 1,7 Milliarden Menschen mit Mycobacterium tuberculosis infiziert, von denen jeder zehnte im Verlauf des Lebens an einer symptomatischen Tuberkulose erkrankt.

Die Mongolei gehört zu den Hoch-Endemie-Regionen. Die meisten Menschen infizieren sich dort bereits im Kindesalter. Die Mongolei gehört aufgrund seiner geographischen Lage auch zu den Ländern, in denen viele Menschen einen Vitamin-D-Mangel haben, zu dessen Folgen ein erhöhtes Infektionsrisiko gehört.

Die Harvard School of Public Health in Boston hat in den vergangenen Jahren in der Hauptstadt Ulaanbaatar eine randomisierte Studie durchgeführt, an der 8.851 Kinder im Alter von 6 bis 13 teilnahmen, bei denen ein Gamma-Interferon-Test ergeben hat, dass das Immunsystem noch keinen Kontakt zum Tuberkulose-Erreger hatte.

Die Patienten, die zu Beginn der Studie einen Vitaminmangel hatten, wurden auf eine wöchentliche Behandlung mit 14.000 IE Vitamin D3 oder Placebo randomisiert. Die Dauer der Studie betrug 3 Jahre. Danach wurde mit einem erneuten Gamma-Interferon-Test überprüft, ob die Kinder sich infiziert hatten.

Dies war – obwohl 80 % der Kinder eine BCG-Impfung erhalten hatten – in der Vitamin-D-Gruppe bei 147 von 4.074 Kindern (3,6 %) der Fall gegenüber 134 von 4.043 Kindern (3,3 %) in der Placebo-Gruppe.

Die Behandlung hatte demnach das Infektionsrisiko tendenziell erhöht, auch wenn der Unterschied minimal war und die adjustierte Risk Ratio von 1,10 mit einem 95-%-Kon­fi­denzintervall von 0,87 bis 1,38 nicht statistisch signifikant war, wie Ganmaa Davaasam­buu und Mitarbeiter von der Harvard School of Public Health berichten.

Das Ergebnis war enttäuschend, obwohl die Substitution ihr Ziel erreicht hatte. Die mittlere Serumkonzentration von 25-Hydroxy-Vitamin D war auf 31,0 ng/ml angestiegen gegen­über 10,7 ng/ml in der Placebogruppe.

Insgesamt 46 Kinder erkrankten im Verlauf der 3 Jahre an einer symptomatischen Tuber­kulose: Darunter waren 21 Kinder (0,5 %) aus der Vitamin-D-Gruppe und 25 Kinder (0,6 %) aus der Placebo-Gruppe. Auch hier war die adjustierte Risk Ratio von 0,87 mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,49 bis 1,55 nicht signifikant. Die Vitamin-D-Substitution kann deshalb auch nicht vor einer Tuberkulose-Erkrankung schützen.

Das gleiche traf auf andere schwere Atemwegserkrankungen zu. Insgesamt 29 Kinder in der Vitamin D-Gruppe und 34 in der Placebo-Gruppe wurden wegen einer akuten Atem­wegsinfektion im Krankenhaus behandelt (adjustierte Risk Ratio 0,86; 0,52 bis 1,40).

Die Studienergebnisse stehen im Widerspruch zu den Ergebnissen einer kleineren Pilot­studie der gleichen Forschergruppe, die auf einen Vorteil der Vitamin-Substitution hin­gedeutet hatte. Dass die Ergebnisse jetzt nicht reproduziert werden konnten zeigt, dass es im Kampf gegen die Tuberkulose wohl keine einfache Patentlösung gibt.

rme

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