Weniger Burnout, mehr Zufriedenheit: Die Vier-Tage-Woche als Gesundheitsmaßnahme

Boston – Eine bezahlte 4-Tage-Woche kann das Wohlbefinden von Beschäftigten nachhaltig verbessern. Das zeigt eine internationale Studie mit rund 2.900 Angestellten aus 141 Unternehmen, deren Ergebnisse im Fachblatt Nature Human Behaviour (2025; DOI: 10.1038/s41562-025-02259-6) veröffentlicht wurden.
Die Unternehmen aus Australien, Großbritannien, Irland, Neuseeland, Kanada und den USA testeten über 6 Monate ein Arbeitszeitmodell, bei dem die Beschäftigten 80 % ihrer regulären Arbeitszeit leisteten, aber weiterhin das volle Gehalt erhielten. Vor dem Start optimierten die Betriebe ihre Arbeitsprozesse, etwa durch den Abbau ineffizienter Routinen.
Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit 285 Beschäftigten aus 12 Unternehmen, in der keine Arbeitszeitreduktion stattfand, berichteten die Teilnehmenden über geringere Erschöpfung, höhere Arbeitszufriedenheit sowie eine Verbesserung ihrer psychischen und körperlichen Gesundheit.
Besonders deutlich waren die Effekte bei jenen, die ihre Arbeitszeit am stärksten reduzierten. 3 Faktoren trugen maßgeblich zu den Verbesserungen bei: ein subjektiv gesteigertes Gefühl der Arbeitsfähigkeit, weniger Schlafprobleme und ein Rückgang von Müdigkeit.
Im Schnitt fünf Stunden weniger
Die Studie basiert auf standardisierten Fragebögen, die vor und nach dem 6-monatigen Zeitraum erhoben wurden. Anhand der Umfragedaten verglich das Team um Wen Fan und Juliet Schor vom US-amerikanischen Boston College arbeits- und gesundheitsbezogene Indikatoren (einschließlich Burnout, Arbeitszufriedenheit, geistige und körperliche Gesundheit) vor und nach der Maßnahme.
Die Forschenden stellten fest, dass nach der Einführung der 4-Tage-Woche die durchschnittliche Arbeitszeit um etwa 5 Stunden pro Woche reduziert wurde. Die positiven Effekte mit Blick auf Burnout, Arbeitszufriedenheit und psychische Gesundheit waren indes bei denjenigen am größten, die ihre Arbeitswoche um 8 Stunden oder mehr reduzierten.
Ähnliche, wenn auch geringere Effekte wurden bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer Reduzierung ihrer Arbeitswoche um 1 bis 4 Stunden und um 5 bis 7 Stunden beobachtet. Diese Vorteile ließen sich teilweise durch eine Verringerung der Schlafprobleme und des Ermüdungsgrades sowie durch eine Verbesserung der individuellen Arbeitsfähigkeit erklären.
Weitere Forschung nötig
Allerdings gibt es auch Einschränkungen: So handelt es sich nicht um eine randomisierte Studie. Die Unternehmen entschieden sich freiwillig zur Teilnahme, was die Aussagekraft einschränkt. Auch die Kontrollgruppe war geografisch begrenzt (USA) und bestand überwiegend aus Non-Profit-Organisationen.
Zudem stammen die meisten Daten aus kleinen Unternehmen in hochentwickelten, englischsprachigen Ländern. Und schließlich beruhen die Ergebnisse auf Selbstauskünften, was eine gewisse Verzerrung nicht ausschließen lässt.
Trotz dieser Einschränkungen sprechen die Ergebnisse den Autorinnen und Autoren zufolge dafür, dass eine kollektive, bezahlte Verkürzung der Arbeitszeit das Wohlbefinden von Beschäftigten verbessern kann – selbst dann, wenn diese zuvor keine überlangen Arbeitszeiten hatten.
Die Forschenden fordern weitere randomisierte – und unter Umständen auch staatlich geförderte – Studien, um die gesundheitlichen Effekte von Arbeitszeitmodellen langfristig besser bewerten zu können.
Neue Herausforderungen der Arbeitswelt
Das Nachdenken über neue Arbeitszeitmodelle und ein besseres Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben habe nicht zuletzt durch die Coronapandemie einen Schub bekommen, heißt es in der Arbeit: So habe die Pandemie weltweit tiefgreifende Veränderungen auf den Arbeitsmärkten mit sich gebracht, „darunter erhöhte Stress- und Burnout-Raten unter Beschäftigten, das niedrigste Maß an Mitarbeiterengagement seit mehr als einem Jahrzehnt sowie eine hohe Zahl von Kündigungen und unbesetzten Stellen“.
Angesichts der raschen Verbreitung neuer Technologien in den Bereichen Digitalisierung, Automatisierung und Künstliche Intelligenz stünden schon die nächsten Herausforderungen in der Arbeitswelt an. Die Autorinnen und Autoren hoffen: „Die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dieser Studie werden in die Entwicklung von Maßnahmen einfließen, die eine bessere Organisation bezahlter Arbeit und das Wohlergehen der Beschäftigten fördern.“
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